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Wie ich frei von Angst wurde

Das Geräusch quietschender Turnschuhschritte mischte sich mit den mal enthusiastischen, mal enttäuschten Rufen der Spieler. Es roch nach Gummi und nach Schweiß und mein Körper vibrierte; einerseits vor Freude und Endorphin, andererseits vor Erschöpfung. Wasser… Ich brauchte Wasser, unbedingt. Und eine kalte Dusche für meine Stirn, die sich anfühlte wie ein Stück ausgetrockneter Saharaboden in der Mittagssonne.

 

Seit Jahren hatte ich das erste Mal wieder Floorball gespielt und ohne den Druck des ehrgeizigen Vereins hinter mir überrascht registriert, wie viel Spaß mir das damals eigentlich gemacht hatte. Dass ich es tatsächlich vermisste. Gleichzeitig spürte ich meinen wackeligen Beinen nicht nur die sportliche Betätigung, sondern auch noch die Folgen der Lebensmittelvergiftung an, die ich mir zu Beginn der Woche zugezogen hatte. Vier Tage lagen nun dazwischen, doch anscheinend hatte die Zeit nicht ausgereicht, um die Reserven aufzufüllen, die ich zuvor auf überaus unschöne Art und Weise von mir gegeben hatte. Und dann noch diese Hitze… Die Turnhalle, in der ich mit Freunden gespielt hatte, war belüftet gewesen, doch der einzige Ort, an dem es momentan noch heißer war, als auf dem Feld, war draußen, sodass alle Bemühungen eher kontraproduktiv gewesen waren.

 

Während ich in die Umkleidekabine wankte, spürte ich, wie sich alles um mich herum zu drehen begann. Das Gefühl des plötzlichen Schwindels war mir in den vergangenen Jahren ein vertrauter Begleiter geworden, doch dieses Mal war es besonders stark. Die Holzbänke und der Linoleumboden verschwammen vor meinen Augen und ließen mich vor Schreck nach Luft schnappen.

 

„Anke, ich glaub, ich muss…“

 

Noch bevor ich den Satz beenden konnte, gaben meine Knie nach und ich lag ausgestreckt auf dem Boden. Mein Herz stolperte, raste und hämmerte wie verrückt unter meine Brust und ich rang verzweifelt nach Luft, - atmete krampfhaft gegen die altbekannte Angst an, die mir die Kehle zuschnürte. Das kalte Neonröhrenlicht von der Decke nahm mir zusätzlich die Sicht, doch auch mit geschlossenen Augen ebbte das Gefühl, nahe einer Ohnmacht zu stehen, nicht ab. Panisch suchten meine Finger am Boden nach etwas, an dem ich mich festhalten konnte, während ich das Gefühl hatte, völlig losgelöst von jeglicher Schwerkraft durch den leeren Raum zu taumeln.

 

Das war der Moment, in dem sich auch der letzte Rest eines rationalen Gedankens verabschiedete, der bis dahin vielleicht noch in irgendeiner Ecke meines Verstandes existiert hatte. Du stirbst., schoss es mir stattdessen durch den Kopf. Dein Kreislauf versagt. Du wirst ohnmächtig werden und nie wieder aufwachen. Und weißt du was? Du bist selbst schuld, denn du bist schwach und das wird sich nie ändern.

 

Gott. Gott!

 

Du stirbst du stirbst du stirbst.

 

Mein Atem ging flach und schnell, was natürlich nicht dazu beitrug, dass mir weniger schwindelig wurde. Von weit weg hörte ich, wie Anke, eine Freundin aus der Gemeinde, sich neben mich kniete und mir die Beine hochhielt, damit das Blut zurück in meinen Kopf fließen konnte. Ihre Stimme war ruhig. „Tief einatmen, Elena. Das geht gleich vorbei.“

 

Meine Hand fand ihre und ich zwang mich, die Augen zu öffnen und ihren Blick zu suchen.

„Das hatte ich noch nie.“, keuchte ich. „Ich habe solche Angst.“

„Wovor denn?“

„Ohnmächtig zu werden. Schwach zu sein.“ Keine Kontrolle zu haben.

„Wenn du ohnmächtig wirst, dann wachst du irgendwann auch wieder auf. Das hatte ich früher öfter mal.“

 

Dieser Satz schien so weit zu meinem logischen Denken durchzudringen, dass ich aufhorchte. Wenn Anke das auch gehabt hatte und noch lebte, dann musste ich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht sterben. Ich ergriff den rettenden Faden und schaffte es, die Vernunft wieder anzuschalten.

Ich würde nicht sterben. Das war nur eine weitere Lüge des Katastrophendenkens, das mich verfolgte, seit ich klein war. Dass ich umgekippt war, lag einzig und allein an der Hitze, zu wenig Trinken und den Spätfolgen der Lebensmittelvergiftung, zusammen mit hoher körperlicher Belastung. Unter diesen Umständen war es eigentlich normal, ja, - beinahe schon zu erwarten gewesen, dass so etwas passierte.

Ich erinnerte mich an die Strategien, die ich mir über die Jahre versucht hatte, anzutrainieren.

Lach über dich selbst. Du kennst dich doch. Und atme langsam.

Ich konzentrierte mich auf meine Atmung.

Denn Gott hat uns NICHT einen Geist der Angst gegeben… Sondern der KRAFT, der LIEBE und der SELBSTBEHERRSCHUNG.

 

Nach und nach wurde es wieder besser, ich trank etwas, aß ein paar Dextro-Energys und setzte mich dann langsam auf, um erleichtert zu bemerken, dass die Welt sich nun bereits ein wenig langsamer drehte. Anschließend fuhr ich mit Anke nach Hause, da meine Eltern gerade verreist waren und ich ungern mit meinen Gedanken allein sein wollte. Bevor ich mich verabschiedete, um ins Bett zu gehen, sah sie mich noch einmal voller Verständnis und Mitgefühl an. „Ich glaube, ich weiß ziemlich genau, wie du dich fühlst. Ich hatte früher auch ständig mit Ängsten zu kämpfen. Hätte nie gedacht, dass sich das mal ändert. Aber eines Morgens, nachdem jemand für mich gebetet hatte, wachte ich auf und war frei. Ich hätte nie gedacht, dass man so leben kann.“ 

Berufung: Hat jeder Mensch eine Berufung?

Und wenn ja,- Worin besteht die?

Berufung… Irgendwie ein großes, bedeutungsschweres und vor allem abstraktes Wort. Für mich steht es hauptsächlich für eine Unmenge an Fragezeichen: Wo soll ich mit meinem Leben, meinen Wünschen und Träumen hin? Was ist der Weg, den Gott für mich vorgesehen hat und gibt es überhaupt diesen einen, einzigen Plan oder vielleicht mehrere richtige, für die ich mich frei entscheiden kann? Wo kann ich die Gaben, die ich geschenkt bekommen habe, am besten für andere einsetzen, was ist das Ziel, was wird bleiben und worauf sollte ich bei meiner Lebensplanung und den Entscheidungen, die ich treffe, am meisten Wert legen? Muss Beruf gleich Berufung sein oder beeinflusst meine Berufung eher meinen Beruf? Und kann ich mein Calling – um hier mit Anglizismen mal ein bisschen Variation in diesen Text zu bringen – verpassen, wenn ich konsequent meine Ohren vor dem verschließe, was Gott mir zeigen möchte? Und wenn wir schon dabei sind: Was genau hat Berufung mit Ruf zu tun? Was bedeutet es, dass ich trotz vieler Fragen nicht immer (sofort) eine Antwort bekomme? Kann ich es lernen, besser hinzuhören und wenn ja, - wie? Muss ich bessere Fragen stellen? Oder… lieber überhaupt keine und einfach losgehen?

 

Dieses Thema hat mich in den letzten Jahren sehr beschäftigt: Es gab vermutlich keine Woche, in der ich mich nicht zumindest einmal mit dem Gedanken über meine Zukunft und Gottes Plan für mein Leben auseinandergesetzt hatte und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich damit nicht allein bin…  Daher nun dieser Blog-Artikel, indem ich versuchen werde, mich anhand der Bibel – und den Gedanken einiger sehr kluger Menschen – genau diesen Fragen ein wenig anzunähern. Spoiler Alert: Ich bin kein Prophet, weder habe ich die Weisheit mit Löffeln gegessen (eher mit Stäbchen, scheint mir oft, - mit einem Stäbchen und ich versage regelmäßig schon mit zweien), noch kann ich Feuer vom Himmel fallen lassen (schade eigentlich). Was ich aber eigentlich damit sagen will: Das Thema Berufung ist unheimlich komplex, dynamisch und auch von Person zu Person völlig unterschiedlich erlebbar. Das liegt schlichtweg daran, dass der Berufer selbst einfach nicht in Schubladen zu pressen ist. Seine Pläne sind höher als unsere und seine Wege höher als unsere Wege, heißt es schon in Jesaja 55, Vers 8. Aber das bedeutet nicht, dass wir keine Fragen stellen dürfen, im Gegenteil. Gott freut sich sogar darüber. Er weiß außerdem, ob und vor allem, wann wir eine Antwort brauchen und führt uns genau dort, wo es am nötigsten ist, - selbst, wenn wir das oft erst im Nachhinein bemerken. Genau das durfte auch ich erst vor kurzem erleben… Aber dazu später mehr ;D

Gastbeitrag

Was uns bleibt

Hier ein Vortrag eines meiner Ansicht nach sehr weisen Mannes - zu einem Thema, das heute womöglich aktueller ist als je zuvor:

Was bleibt uns? Nicht nur trotz Corona für das Jahr 2021 sondern generell, - wenn alle Ablenkung, alle Hektik, jede zeitliche Vergnügung und überhaupt alles Vergängliche in unseren Händen zu Staub zerfällt? Beziehungen? Erfolg? Erinnerungen? Oder etwas vielleicht noch viel Wichtigeres? 
Und wie entscheide ich mich für das Richtige, das zeitlich Unabhängige, das, was mich wirklich füllt? Wo renne ich vielleicht einem Hirngespinst hinterher? In welchen Situationen investiere ich mich in Dinge, die mich hinterher leer lassen werden?  

Wie wähle ich "das Gute" - und gibt es das überhaupt? 

 

Um all das und mehr geht es in dem Video... 

„JESUS CHRISTUS SPRICHT: ,SEID BARMHERZIG, WIE AUCH EUER VATER BARMHERZIG IST.‘ “ (Lukas 6,36)

Ein paar Gedanken zur Jahreslosung

Wenn wir dazu aufgefordert werden, barmherzig zu sein, dann ist zunächst einmal die Frage zu stellen, was Barmherzigkeit überhaupt bedeutet. Wikipedia nennt Barmherzigkeit als eine Eigenschaft des menschlichen Charakters: „Eine barmherzige Person öffnet ihr Herz fremder Not und nimmt sich ihrer ,mildtätig‘ an.“ Dabei gehe es weniger um das Mitfühlen als vielmehr um eine davon unabhängige Großzügigkeit.

In der Bibel wird vor allem Gott als barmherzig beschrieben: Als Gott sich dem geflohenen und an ihm zweifelndem Volk Israel im 2. Buch Mose am Berg Sinai zu erkennen gibt, so heißt es dort: „Ich bin der Herr, der barmherzige und gnädige Gott. Meine Geduld ist groß, meine Liebe und Treue kennen kein Ende! Ich lasse Menschen meine Liebe erfahren über Tausende von Generationen. Ich vergebe Schuld, Unrecht und Sünde, doch ich lasse nicht alles ungestraft.“ (2. Mose 34,6-7)“ Schon im alten Testament wird Gott immer wieder als der „Barmherzige und Gnädige“ gepriesen (z.B. Psalm 103,8). Aber auch im neuen Testament greift Jesus das Motiv der Barmherzigkeit auf, indem er einem Schriftgelehrten - auf die Frage, wer denn nun der Nächste sei, denn man lieben solle wie sich selbst, - mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter antwortet:

 

»Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab. Unterwegs überfielen ihn Räuber. Sie nahmen ihm alles weg, schlugen ihn zusammen und ließen ihn halb tot liegen.

31Nun kam zufällig ein Priester denselben Weg. Er sah den Mann liegen und ging vorbei. 32Genauso machte es ein Levit, als er an die Stelle kam: Er sah ihn liegen und ging vorbei.

33Schließlich kam ein Reisender aus Samarien. Als er den Überfallenen sah, ergriff ihn das Mitleid.
 34Er ging zu ihm hin, behandelte seine Wunden mit Öl und Wein und verband sie. Dann setzte er ihn auf sein eigenes Reittier und brachte ihn in das nächste Gasthaus, wo er sich weiter um ihn kümmerte.

35Am anderen Tag zog er seinen Geldbeutel heraus, gab dem Wirt zwei Silberstücke und sagte: ›Pflege ihn! Wenn du noch mehr brauchst, will ich es dir bezahlen, wenn ich zurückkomme.‹«

36»Was meinst du?«, fragte Jesus. »Wer von den dreien hat an dem Überfallenen als Mitmensch gehandelt?«

37Der Gesetzeslehrer antwortete: »Der ihm geholfen hat!«

Jesus erwiderte: »Dann geh und mach du es ebenso!«

 

Diesen Text habt ihr bestimmt schon einmal irgendwo gelesen oder gehört, doch ich möchte kurz darauf hinweisen, wie revolutionär der Gedanke ist, den Jesus hier eigentlich ins Spiel bringt, - und wie oft er völlig übergangen wird. Der Pharisäer stellt die Frage nicht einfach so. Er kennt sich in der Tora aus, - das macht seine vorherige Antwort deutlich: Wenn man Gott höher achtet als alles andere und seinen Nächsten liebt, wie sich selbst, dann ist das gesamte Gesetz erfüllt. Doch der Schriftgelehrte hakt noch weiter nach: Ist damit wirklich jeder gemeint? Indem er sich danach erkundigt, wer denn nun genau der Nächste ist, hofft er eigentlich auf eine Eingrenzung. „Nur die Juden“ etwa, oder: „Nur diejenigen, die auch Gott lieben oder auch dich gut behandeln.“ Jesus antwortet allerdings nicht direkt, sondern dreht die Frage stattdessen einfach um: „Wer war dem der Nächste (im Text „Mitmensch“), der es brauchte? Nicht der Hilfsbedürftige ist also der Nächste, sondern derjenige, der hilft. Damit wird aus der erhofften Eingrenzung eine völlige Entgrenzung und gleichzeitig die Aufforderung, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und sich aktiv ständig zu fragen, wem, - und zwar egal, wem - man gerade der Nächste sein könnte. Stand, Herkunft oder Ansehen qualifiziert uns genauso wenig dafür, ein „Nächster“ zu sein, wie es den Hilfsbedürftigen disqualifiziert. Entscheidend sind lediglich unser Verhalten und die Offenheit, uns von Gott gebrauchen zu lassen. In Jesus Gleichnis ist es nicht zufällig ein von den Juden verachteter Samariter, der als Erster die Initiative ergreift. 

Hier wird es nun für uns konkret. Jesus beendet seine Beispielerzählung mit dem klar formulierten Auftrag „Dann geh und mach du es ebenso!“ Man muss also losgehen; und dem Leid bewusst begegnen, damit es einen in der Tiefe berühren kann. 

Be the light - Mit Hoffnung ins Jahr 2021 starten

Ja, ich weiß, ihr seid vermutlich alle gerade noch fleißig dabei, zu feiern, dass 2020 endlich vorbei ist, - und deshalb fasse ich mich ausnahmsweise einmal kurz: Oder… versuche es zumindest.

Relativ spontan haben meine Mutter und ich uns eben den Neujahrsgottesdienst vom Gebetshaus Augsburg angesehen, - und waren begeistert von der ermutigenden Message. (Der Livestream ist übrigens immer noch online und es lohnt sich wirklich, sich das unheimlich vielseitig und kreativ gestaltete „Dinner for the One“ einmal anzuschauen. Die Aufzeichnung findet ihr unter https://www.youtube.com/watch?v=pdSHdsZsT2U&feature=youtu.be ) Jedenfalls bin ich immer noch so bewegt von dem, was gesagt wurde, dass ich mich spontan dazu entschlossen habe, einige der wichtigsten Punkte einfach einmal zusammenzufassen und auch euch mit auf den Weg zu geben.

Wir wünschen uns jetzt phrasenhaft ein schönes, neues Jahr, doch wenn wir ehrlich sind, dann ist auch dieser Start in 2021 überschattet von den Auswirkungen der Corona-Pandemie der letzten Wochen und Monate und lässt uns mit dem, was kommen wird, ziemlich im Dunkeln. Positive Erwartungen und Vorfreude will nicht so recht aufkommen, vielleicht haben einige von uns ihren Job, eine Heimat oder sogar einen geliebten Menschen verloren. Nun plötzlich von Hoffnung zu reden, ist gar nicht so einfach, - viel leichter ist es dagegen, sich mit einem zynischen „Nun ja, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.“ oder „Wer noch hofft, der weiß zu wenig.“ zufrieden zu geben.

Doch das ist ja auch irgendwie logisch, wenn man etwas genauer darüber nachdenkt: Denn zu Hoffen erfordert viel mehr Mut, als eine pessimistische Einstellung. Pessimismus ist feige, - lieber einmal nicht zu viel gefreut, - während man mit der Hoffnung das Risiko eingeht, auch falsch zu liegen. Doch beide Einstellungen, - und ja, es sind Perspektiven, die man bewusst einnehmen kann, - sind ansteckend; und zwar auf gleichsam negative, wie auch positive Art und Weise. Worte haben Macht und während eine optimistische, ermutigende Herangehensweise ein vorher nie dagewesenes, meist völlig unerwartetes Potenzial erschaffen kann, ist eine hoffnungslose Stimmung schnell in der Lage, wie eine erstickende Decke alles um sich herum in ein tristes Grau zu färben. Wie oft haben wir in den letzten Monaten auch bei uns selbst die Versuchung entdeckt, Negatives größer zu machen; möglicherweise schlicht und ergreifend deshalb, weil wir keine Kraft mehr hatten, zu hoffen. Vielleicht auch, weil wir viel zu oft enttäuscht wurden.

 

Bevor der Appell, nicht die Hoffnung zu verlieren, also einfach als eine bloße Floskel denunziert wird, möchte ich kurz einen Blick in die Bibel werfen: Denn hier haben wir es nicht nur mit lauter enthusiastischen und optimistischen Menschen zu tun, wie man das vielleicht erwarten würde. Im Gegenteil: Sie erzählt dutzende Geschichten von enttäuschten Hoffnungen. Der verkaufte Josef, der geflohene Jakob, der gescheiterte Saul, der verfolgte David… Immer wieder wird eben nicht alles gut. Wusstet ihr, dass es mir Klagelieder und Klagepsalmen in der Bibel gibt als solche, die Gott ehren und ihn danken? Aber die gute Nachricht ist, dass das für Gott kein Ausschlusskriterium ist. Nachdem Petrus Jesus verraten hatte und völlig verzweifelt an seinen Ort der Hoffnungslosigkeit zurückkehrt, an dem er ursprünglich einmal zur Nachfolge berufen wurde (ein stinknormaler Fischer, ihr erinnert euch) begegnete Jesus ihm genau dort erneut: Und demonstrierte ihm ein weiteres Mal ganz praktisch, wie wahre, liebevolle Vergebung und Ermutigung aussehen kann.

 

Johannes Hartl fasste es in dem Gottesdienst meiner Meinung nach recht gut zusammen: 

Weihnachten (zwei)mal anders

– Was ohne all die üblichen Gewohnheiten noch übrigbleibt, - und was es mir als Christin bedeutet

Für mich ist es nun schon das zweite Weihnachtsfest in Folge, das sich völlig von den Weihnachten abhebt, die ich zuvor gewohnt war. Vor genau einem Jahr befand ich mich bei etwa 30°C, freundlichstem Sonnenschein während der Christmette, zwischen Panettone und lauter farbenfrohen Blumen am Straßenrand in einem riesigen Kreis aus fast 20 Leuten im peruanischen Sommer in den Anden. Meine Geschenke packte ich vor lauter Betriebsamkeit und Hektik erst am 25. Dezember via Skype gemeinsam mit meinen Eltern aus und am 26. Dezember war ich sogar im Freibad. Zwar wollte trotz Plätzchenback-Aktionen, Weihnachtsliedern am Lagerfeuer und Krippenspiel keine richtige Weihnachtsstimmung aufkommen, doch obwohl dieses Weihnachten anders war, genoss ich es doch sehr. In meinen Blog schrieb ich damals folgendes Fazit, vielleicht erinnert ihr euch daran:

 

„Mein Resümee der Weihnachtszeit ist also Folgendes: Es war zwar anders, aber wunderschön. Bunt, lustig, laut, warm, aber sehr intensiv. Gerade weil die vielen Missionare hier getrennt von ihren Familien in Deutschland leben und es weder ablenkende Weihnachtsmärkte noch Schnee gibt, wird die eigentliche Botschaft sehr tiefgehend behandelt. Die gegenseitigen Geschenke stehen im Hintergrund, während das eine Geschenk, das Geschenk dieses großen, liebe- und hingebungsvollen Gottes ins Zentrum rückt. „Uns ist heute der Retter geboren.“ Das sagt sich so leicht daher, gerade, wenn man aus einem kirchlich geprägten Umfeld kommt. Doch was es wirklich bedeutet... Dass der höchste Gott alles aufgibt, um uns nahe sein zu können; um uns die Chance zu geben, ihm für immer nah zu sein und frei zu werden... Das ist so viel größer, als es in letzter Konsequenz wirklich vollkommen begreifen zu können.

Aber wenn man dieses eine Geschenk hat, - das durfte ich dieses Jahr erfahren, - dann braucht man eigentlich gar nichts anderes mehr.“

 

Interessanterweise trifft gerade der letzte Satz genau die Situation sehr genau, in der wir uns dieses Jahr befinden. Wenn mir jemand vor einem Jahr gesagt hätte, dass ich im nächsten Jahr noch nicht einmal einen Weihnachtsgottesdienst würde besuchen können und dass ich weder meine Großeltern noch – abgesehen von meinen Eltern und meinem Bruder, - sonst einen Teil der Familie sehen würde, dann hätte ich ihm ehrlich gesagt vermutlich kein Wort geglaubt. „¿Estás de broma?“

Wenn man mir erzählt hätte, dass es keine Weihnachtsmärkte in dem Sinne mehr gibt und dass man in den Kirchen nicht mehr singen darf, noch weniger. (Okay, dass es auch 2020 keinen Schnee geben wird, damit hätte ich ehrlich gesagt auch von selbst gerechnet… :‘D)

 

Aber Spaß beiseite, gerade dieses Jahr, in dem der Advent - mein Advent zumindest - zeitweise von Einsamkeit geprägt war, in welchem ich das Singen und das gemeinsame Plätzchenbacken vermisste und in dem ich mich mehr als je zuvor einfach unheimlich gern mit vielen Freunden an einem Lagerfeuer getroffen hätte, fällt vieles von der sonstigen Fassade ab und die Botschaft von Weihnachten wird wieder zentraler und wichtiger. Warum feiern wir dieses Fest überhaupt? Was ist es, das uns so fehlt, auch wenn wir es nicht richtig in Worte fassen können. Ist es nicht letztendlich Hoffnung? (...)

 

GERECHTIGKEIT #1:

Verantwortungsbewusst leben: Nur wie?

Als Christin beschäftigt mich auch das Thema „Gerechtigkeit“ sehr. Ich will und kann meine Augen nicht mehr vor all dem verschließen, was auf unserer Erde schiefläuft. Doch wie kann ich in einer gebrochenen, ungerechten Welt so verantwortungsvoll und bewusst wie möglich leben? Wie kann ich mit meinem Lebensstil andere schützen oder sogar unterstützen? Und wie kann ich lernen, immer mehr auf Gottes Stimme zu hören, um zu erkennen, wo genau er mich gebrauchen möchte, um all dem Leid entgegenzuwirken?

 

All das sind große und entscheidende Fragen, die mich zerbrechen lassen könnten, wenn ich meine Kraft nicht immer wieder aus der Quelle schöpfen würde, die Gott mir bereitstellt. Wenn er nicht bereits vorangegangen wäre, um uns zu zeigen, wie ein verantwortungsvolles Leben mit ihm an unserer Seite aussehen kann. Wenn er nicht vor etwa 2000 Jahren selbst in diese Welt gekommen wäre, - und zwar nicht, „um sie zu richten, sondern um sie zu retten“ (Johannes 3,17).

Er ist es also, der bereits einen Rettungsplan entwickelt hat (wie der aussieht, erzählt Jesus im neuen Testament :D), doch das heißt nicht, dass ich mich in diesem Wissen ausruhen darf. Ich bin nämlich Teil dieses Plans und in der Bibel ausdrücklich dazu aufgefordert, nicht über Ungerechtigkeit hinwegzusehen. Jemand sagte einmal: „Ich muss zwar nicht verantworten, was mit der ganzen Welt geschieht, ich muss sie auch nicht retten, aber mein unverantwortliches Handeln werde ich vor ihm zu verantworten haben.“, - und dieser Satz hat sich tief in mein Herz gegraben. Wenn Jesus mich dazu auffordert, meinen Nächsten zu lieben, wie mich selbst, ist es dann authentisch, Kleidung zu kaufen, für die höchstwahrscheinlich jemand anders für viel zu geringen Lohn viel zu hart arbeiten musste und gesundheitsschädlichen Substanzen ausgesetzt war? Ist es gerecht, dass für den Lebensstil, den ich hier in Deutschland schlicht und einfach gewohnt bin, - weltweit schätzungsweise 30 bis 40 Menschen in moderner Sklaverei arbeiten müssen? Dass für die Herstellung meines Handys Minderjährige in die Stollen kriechen, um an die dafür notwendigen seltenen Erden zu kommen? Oder ist es liebevoll, von all dem Überfluss, den ich genieße, nichts an diejenigen abzugeben, denen nur ein winziger Teil meines Reichtums genügen würde, um den nächsten Tag zu überleben? Die Antwort darauf ist klar und deutlich: Nein.

 

 

Jesus sagte in einer seiner Reden: Denn ich war hungrig, und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mir keine Kleidung gegeben; ich war krank und im Gefängnis, und ihr habt mich nicht besucht. Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder obdachlos oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen? Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder obdachlos oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen? Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.“ (Matthäus 25) 

 

Und als wir letztens mit der Jugendgruppe unserer Gemeinde den Jakobusbrief lasen, da hinterließ auch folgender Ausschnitt aus dem 5. Kapitel tiefen Eindruck bei mir:

„Nun zu euch, ihr Reichen! Weint und klagt über das Elend, das mit dem Gericht Gottes über euch kommen wird! Euer Reichtum wird dann verfault und eure Kleidung ein Fraß für die Motten geworden sein. Euer Gold und Silber wird verrostet sein, und dieser Rost wird euch anklagen und euer Fleisch wie Feuer fressen. Selbst in diesen Tagen des Endes habt ihr Reichtümer gehortet. (Okay, eindrückliche Wortwahl. Ich gebe es zu… ^^ Aber ich will solche Passagen nicht wegkürzen, dann auch das gehört einfach zu Gottes Wort.) Hört doch, wie der Lohn, um den ihr die Erntearbeiter betrogen habt, zum Himmel schreit. Das Geschrei der Arbeiter ist vor den Herrn, den Allmächtigen gekommen. Ihr habt allen Luxus auf der Erde genossen und euch noch am Tag eurer Schlachtung gemästet. Ihr habt den Unschuldigen verurteilt und zu Tode gebracht. Er hat sich nicht gewehrt.“

 

Diese beiden Stellen sind lediglich zwei Beispiele unter vielen, die die Bibel zu diesem Thema aufführt.

Bei Interesse könnt ihr auch einmal hier nachschlagen:

n  1. Mose 1,26

n  1. Mose 2,15

n  Micha 6,8

n  Psalm 82, 3-4

n  Matthäus 25

n  5. Mose 15, 7-8

n  Lukas 6, 30+38

n  2. Korinther 9,10

Eine Zeit lang machte mich all das sehr traurig. Ich fühlte mich hilflos, schuldig und frustriert und kam zu dem resignierten Schluss, dass ich ohnehin nicht mehr auf dieser Welt leben konnte, ohne sie zu zerstören: Ohne Plastikverbrauch zu leben, war praktisch unmöglich und die Tatsache, dass so viele Menschen hungerten, während wir ab und an schlechtgewordene Lebensmittel wegschmissen, verursachte, dass ich mich fühlte, wie ein Schwerverbrecher. Mit dem folgenden Tagebucheintrag aus meiner Schulzeit nehme ich euch kurz in mein damaliges Gefühlschaos mit hinein:

 

Und Gott sagte: „Seid fruchtbar und mehrt euch! Füllt die Erde und macht sie euch untertan!

Herrscht über die Fische im Meer, über die Vögel am Himmel und über alle Tiere,

die auf der Erde leben.

(1. Mose 1, 28)

 

Tja, das haben wir getan. Nur, dass wir die Erde dabei nicht beschützt haben – so, wie Gott es ja ursprünglich wollte. Stattdessen haben wir sie ausgebeutet: Und was für Konsequenzen das hat und haben wird – und wir groß diese sind, das habe ich erst heute begriffen.

Der Moment, in dem mir sprichwörtlich die Schuppen von den Augen gefallen sind, war der heutige Matheunterricht. Eigentlich ging es um Zufall – unser Lehrer ist ein hervorragendes Beispiel für jemanden, der diesen Zufall verabsolutiert und ihm damit eine Gottposition als Erschaffer und Beeinflusser des ganzen Universums eingeräumt hat. Sätze wie „Gott würfelt nicht“ von Albert Einstein bringen ihn zum Lachen und mich zum Schlucken. Doch auch wenn ich bekanntlicherweise nicht ganz mit dieser Theorie übereinstimme, so ging es dieses Mal doch um etwas völlig anderes.

Und ich muss das jetzt einfach aufschreiben. Muss meine Gefühle irgendwie zusammenfassen, jetzt, wo sie noch völlig frisch und vielleicht ein wenig erklärbar sind.

 

Wir beuten die Erde aus. Und nicht nur das: Mit unserem völlig egoistischen Lebensstil stürzen wir auch unsere nachfolgenden Generationen, ja, die gesamte menschliche Spezies ins Unglück. Doch wie nah wir wirklich an einer Katastrophe stehen, ist mir erst heute klar geworden.

Diese Welt stirbt.

Und den Menschen ist es egal. Denn unsere Generation betrifft es ja höchstwahrscheinlich nicht mehr.

Fange ich einmal so an: Es ging heute um Atomkraft und vor allem den Müll, den wir hinterlassen – und dessen Strahlung sich erst in 100.000den von Jahren abgebaut haben wird. 100.000! Schlimmer ist allerdings, dass selbst bei diesen Abfällen nichts so sicher ist, wie es scheint. In dem Fall, dass der Salzstein, indem der Müll irgendwo gar nicht so weit entfernt von uns zum Beispiel gelagert ist, erzählte unser Mathelehrer, mit Wasser in Berührung kommt... Dann war's das.

Dann tritt das Zeug nicht nur aus, sondern vergiftet auch noch unser Wasser und damit die ganze Welt. Und als wäre das nicht schon genug, hören wir nicht auf damit, Schadstoffe zu produzieren.

Stattdessen machen wir immer weiter und weiter, leben immer selbstsüchtiger und selbstsüchtiger.

Wenn das so weitergeht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschheit nicht mehr lange existiert längst nicht so gering, wie man vielleicht hoffen könnte.

Selbst Atommüll ist ja nur eine von vielen Bedrohungen...

Aber selbst abgesehen von diesem Gedanken war das Thema schrecklich genug. Ich wurde wütend und frustriert und resigniert, alles auf einmal.

Wütend auf unseren menschlichen Egoismus, resigniert und hilflos, weil ich rein gar nichts dagegen tun konnte, weil wir alle nichts mehr tun konnten und frustriert... ja, frustriert, weil es hier im Klassenraum nur wenige zu interessieren schien. Einige spielten mit ihren Handys – dessen bin ich mir ziemlich sicher.

Wie konnten wir nur mit solchen Scheuklappen durch die Gegend laufen, wie konnten wir das Ende von allem, was wir hier liebten so einfach verkraften und verdrängen? Wie konnte es uns so egal sein? Wie hatte es mir so egal sein können?

 

Ich fühlte mich wie in einem schlechten Film.

 

In all meiner Verzweiflung und Wut brauchte ich eine Weile, um zu verstehen, was das obige Zitat und auch ein Vers aus dem Johannesevangelium ausdrückt: „Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben.“, sagt Jesus dort. „Getrennt von mir könnt ihr nichts tun.“ Im Umkehrschluss heißt das also, dass ich, wenn ich mit ihm verbunden bleibe, sehr wohl etwas bewirken kann, - aber nicht aus meiner eigenen Kraft heraus, sondern aus seiner, die viel größer ist. Mit einer nicht nur zeitlich vergänglichen, sondern nachhaltigen Ewigkeitsperspektive, welche nicht nur das gegenwärtige Leid der Menschen in den Fokus nimmt, sondern auch ihre psychische und seelische Not. Die genau dann in mir mächtig ist, wenn ich schwach bin. Darüber hinaus kann ich dort, wo ich durch meinen Lebensstil schuldig geworden bin, echte Vergebung erfahren. Wenn ich mit dieser gewonnen Freiheit und dieser Sichtweise an die Dinge herangehe, dann bin ich nicht verzweifelt, schuldbewusst und letzten Endes unfrei in meinem Handeln, sondern kann mit neu geöffneten Augen durch eine Welt gehen, die ich zwar nicht retten kann, aber jeden Tag im Gebet in die Hände desjenigen lege, der sie einmal neu machen wird. Der es auch jetzt schon tut, - indem er mich und die Kapazitäten benutzt, die ich ihm dazu zur Verfügung stelle. Kapazitäten, die ja letzten Endes auch nur Geschenke sind, auf die ich keinerlei Anspruch besitze. Man könnte es auch mit den Worten des alten Testamentes folgendermaßen ausdrücken: „Denn was bin ich und was ist mein Volk, dass wir die Kraft haben, so freigiebig zu spenden? Von dir ist alles gekommen, und von deiner Hand haben wir dir's gegeben.“ (1. Chronik 29,14) Und: „Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag.“ (Sprüche 3,27)

Ich kann nur deshalb von meinem Überfluss abgeben, weil er mir geschenkt wurde. Geben zu können ist also nichts, was ich mir verdient habe, sondern ein Privileg.

 

Im Rahmen dieser Serie „Gerechtigkeit“ werde ich mich in den kommenden Wochen auf meinem Blog mit verschiedenen Themen auseinandersetzen und Ideen für ein verantwortliches Handeln in dem jeweiligen Lebensbereich (wie zum Beispiel Kleidung, Essen, Konsumverhalten, Kleidung, Müllreduzierung etc. etc.) sammeln. Bleibt also dran, wenn euch diese Dinge ebenfalls am Herzen liegen und schreibt mir gerne, wenn ihr bereits selbst gute Alternativen und Strategien entdeckt habt. :D

Gleichzeitig ist es mir wichtig, dass mein Wert als Mensch und als Christ nicht von erbrachten Leistungen abhängt, sondern dass ich Gottes Kind sein und in dem Wissen um meine Erlösung ruhen darf. Alles, was ich tue, tue ich nicht, weil ich mir damit in irgendeiner Form seine Liebe oder einen Status als „guter Mensch“ verdienen könnte (das funktioniert ohnehin nicht), sondern, weil er mir bereits alles geschenkt hat, - und ich aus Dankbarkeit etwas zurückgeben möchte. Auch aus Dankbarkeit dafür, dass er mir das Leben in dieser unglaublichen Welt gegeben hat, - einer Welt, die ich mit allem was darin ist, bewahren und nicht zerstören möchte. So, wie er es sich bei ihrer Erschaffung eigentlich von uns Menschen gewünscht hat. Das fängt bereits bei täglichen Gewohnheiten und Entscheidungen an, bei dem Wunsch also, „im Kleinen treu zu sein“. Und ich darf dabei wissen, dass er mich auf jedem Schritt, den ich mit ihm gehe, - um „an seinem Reich zu bauen“, wie die Bibel es ausdrückt, - unterstützen und begleiten wird.  

LET THE ONE WHO BOASTS BOAST IN THE LORD

Ein paar Gedanken zur Demut am Beispiel von Josef

 

Ich bin nun gerade frisch umgezogen (mehr dazu folgt demnächst auf meinem Blog) und habe es mir vorgenommen, gleich von Anfang an gemeinsam mit Gott in meinen Alltag zu starten.

Das schließt den Besuch von Gottesdiensten oder Hauskreisen (solange das wegen Corona noch möglich ist) genauso mit ein wie die Zeit, die ich mit seinem Wort verbringe, um morgens aufzutanken, bevor mein Tag beginnt oder abends zur Ruhe zu kommen. Gerade in diesem frustrierenden Chaos aus Einsamkeit während der Online-Vorlesungen und der gleichzeitig so herausfordernden Selbstorganisation im Studium kann das sehr heilsam sein.

 

Gerade diese Woche habe ich also im 1. Buch Mose ab Kapitel 37 die Geschichte von Josef gelesen und mich in diesem Zusammenhang auch viel mit dem Thema Demut und Bescheidenheit beschäftigt. Was diese beiden Charakterzüge oder besser gesagt, - Haltungen, - mit diesem Hebräer zu tun haben, der als Teenager von seinen Eltern bevorzugt wurde und seiner gesamten Familie unter die Nase rieb, dass er Träume gehabt hatte, in denen sie sich alle vor ihm verbeugten? Gute Frage. Ehrlich gesagt muss ich gestehen, dass ich mich Anfang doch sehr in Josef wiedergefunden habe. Auch ich war zu meiner Grundschulzeit ziemlich von mir selbst überzeugt, womit ich mir als Feedback meiner Klassenkameraden zunächst Mobbing einhandelte, - auf diese Weise jedoch lernte, mich zurückzunehmen, mich realistischer einzuschätzen und andere stehen zu lassen. Auch Josef musste auf die harte Tour lernen, was seine Brüder von seiner Einstellung hielten. Und bei ihm war es da nicht mit einer durchgeheulten Pause auf dem Grundschulklo getan, - im Gegenteil: Seine neidischen Halbgeschwister warfen ihn in eine Grube, sperrten ihn ein und verkauften ihn schließlich als Sklave nach Ägypten. Immerhin, sie hätten ihn auch umbringen können. Der einzige Grund dafür, dass sie es nicht taten, war, dass sie dafür kein Geld bekommen hätten. Und auf diese Weise schlugen sie eben zwei Fliegen mit einer Klappe. Geschwisterliebe, nennt sich das…

 

Ich frage mich, was Josef wohl gedacht haben muss, als er einsam und allein auf dem Boden dieser Grube saß. Nun gut, die Träume hatte er von Gott schenkt bekommen, er hatte zumindest Recht damit, dass dieser etwas Besonderes in ihm sah. Doch bisher hatte er es aus der falschen Motivation heraus weitererzählt: Zur unpassenden Zeit, möglicherweise auf eine unsensible Art und Weise und höchstwahrscheinlich nicht aus einem Akt der Nächstenliebe heraus. Vielleicht hatte er sogar vergessen, dass sein Wert nicht aus ihm selbst heraus begründet war, sondern einzig und allein in dem, was Gott über ihm ausgesprochen hatte, - dass es eben nicht er war, der besonders war, oder etwas Besonderes geleistet hatte, sondern sein Schöpfer, der ihm dieses Prädikat verlieh.

 

Ich bin mir relativ sicher, dass auch Josef nicht vor Hochmut gefeit war. Später in der Bibel erfahren wir, dass er nicht nur außergewöhnlich attraktiv, sondern auch klug und geschickt war und wir dürfen nicht vergessen, dass er von Anfang an als Lieblingssohn von seinem Vater ausschließlich positives, ermutigendes Feedback von ihm bekam. Doch Josef war ein gewöhnlicher Mensch, noch dazu gerade einmal 17 Jahre alt und als Mensch ist es schwer, in solch einer Situation auf dem Teppich zu bleiben.  

Manchmal nutzt Gott jedoch diese Gruben-Momente, um uns auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Er bringt uns in Situationen, in denen wir völlig auf seine Hilfe angewiesen sind und erkennen müssen, dass unsere Kraft, Klugheit oder auch Kontrolle eben doch Grenzen hat.

 

Im Fall von Josef scheint dies gelungen zu sein. Denn Gott lies ihn nicht im Stich, - im Gegenteil: Der junge Mann wurde an den ägyptischen Befehlshaber der Leibwache verkauft und machte in dessen Diensten seine Aufgabe so gut, dass er bald dessen persönlicher Verwalter wurde. In den folgenden Kapiteln der Bibel heißt es mehrmals, dass „Jahwe Josef beistand, sodass ihm alles gelang, was er tat“. Er stellt sich voller Treue zu ihm und zeigte das sogar öffentlich in der Form, dass sein reicher Segen nun auch auf dem Haus des Ägypters Potifar ruhte. Viele von euch werden die Geschichte von Josef bestimmt kennen. Wenn nicht, dann lohnt es sich auf jeden Fall, sie einmal nachzuschlagen. Jedenfalls gab es auch in seiner weiteren Karriere Rückschläge: Von der Frau des Ägypters verleumdet wurde er ins Gefängnis geworfen, - unschuldig.

Ein weiterer Gruben-Moment. Nun hat Josef bereits seine Lektion in Sachen Demut gelernt, er verlässt sich vollständig auf Gottes Unterstützung und dann scheint diese plötzlich wieder wegzubrechen. Der junge Israelit ist als Sklave allein in einem fremden Land und nun sitzt er auch noch mit wenig Hoffnung darauf, irgendwann wieder freizukommen, im Gefängnis.

 

Interessant ist jedoch, dass Gott abermals genau diese Situation nutzt, um etwas Gutes daraus entstehen zu lassen. „Ihr hattet Böses im Sinn, Gott aber gedachte es gut zu machen.“, bringt Josef das Ganze später im Rückblick seinen Brüdern gegenüber auf den Punkt. Und tatsächlich heißt es in der Bibel wieder: „Aber Jahwe in seiner Treue stand Josef bei. Er sorgte dafür, dass der Gefängnisverwalter ihm sein Wohlwollen schenkte. Er übertrug Josef die Aufsicht über alle Gefangenen und alles, was man dort zu tun hatte: Der Gefängnisverwalter vertraute ihm völlig und gab ihm freie Hand, denn Jahwe stand Josef bei und ließ ihm alles gelingen, was er unternahm.

Im Gefängnis selbst wird sehr deutlich, dass Josef sich verändert hat. Er besitzt viel Mitgefühl und Empathie und ist aufmerksam für das Leid der anderen. Er setzt sich nicht über sie hinweg, sondern nimmt sich die Zeit, ihnen zuzuhören, wenn es ihnen schlecht geht - so wie beispielsweise im Gespräch mit dem Mundschenk und dem Bäcker des Pharaos, die beide von seltsamen Träumen beunruhigt werden. Josef erklärt den beiden, was Gott ihnen mit dem Gesehenen sagen will, doch anstatt zu sagen, er könne die Träume selbst deuten, erklärt er ihnen nur: „Deutungen sind Gottes Sache. Erzählt mir doch!“ Wow. Da hat eindeutig jemand an seiner Einstellung gearbeitet.

 

Es dauert noch eine ganze Weile, bis Josef aus dem Gefängnis freikommt. Denn obwohl der Mundschenk, der - genau wie von Josef vorhergesagt – tatsächlich freigelassen wird, ihm versprochen hat, sich an ihn zu erinnern, denkt er erst wieder an den Israeliten, als der Pharao selbst mit einem Mal ein ähnliches Problem hat. Nun wird Josef aus dem Knast geholt, doch anstatt verbittert zu sein, reagiert er abermals mit beeindruckender Bescheidenheit auf die Bitte, dem ägyptischen Herrscher dessen verstörenden Traum zu erklären: „Nein, nicht ich.“, antwortet er. „Gott wird eine Antwort geben, die dem Pharao zum Guten ist.“

 

Bei diesen Worten muss ich immer an den Vers 17 aus dem 10. Kapitel des 2. Korintherbriefes denken: „Denn wer sich rühmen will, der rühme sich des Herrn.“ Letzten Endes ist alles, was ich kann und bin seine Kreation, sein Geschenk an mich. „Wir haben nichts mit in diese Welt gebracht, deshalb können wir auch nichts mitnehmen, wenn wir sie wieder verlassen.“ (1. Timotheus 6, 7-8) Was könnte ich also Besseres tun als mit all diesen Dingen, mit denen er mich beschenkt hat, ihm und meinen Mitmenschen eine Freude zu machen und ihn dadurch zu ehren?

 

Zu demselben Schluss ist augenscheinlich auch Josef gelangt. Denn Gott steht trotz aller Widrigkeiten auf dessen Lebensweg zu seinen Versprechen und er nutzt selbst diese Zeit im Gefängnis, um letzten Endes das ganze Volk Ägypten vor einer Hungersnot zu bewahren. Das Schönste dabei ist, dass er es durch Josef tut. Er lässt ihn den Rettungsplan verkünden, den er vorgesehen hat und sorgt so dafür, dass Josef letzten Endes sogar der Stellvertreter des Pharaos wird. Das ist schon eine seltsame Karriere, oder? Angeber – Sklave – Häftling – Vizepräsident. Doch letzten Endes bestätigt sie nur, was Gott uns allen in der Bibel zusagt: „Doch alle müsst ihr im Umgang miteinander Bescheidenheit an den Tag legen. Denn „Gott widersetzt sich den Hochmütigen, doch den Demütigen erweist er Gnade.“, heißt es im 1. Petrusbrief 5, 5, „Demütigt euch deshalb unter Gottes mächtige Hand, dann wird er euch auch zur richtigen Zeit erhöhen.“

 

Jesus erzählte einmal ein Gleichnis, in dem er das Prinzip der Demut und auch den Nutzen, den man selbst daraus zieht, auf den Punkt bringt: „Wenn du von jemandem zur Hochzeit eingeladen wirst, dann besetze nicht gleich den Ehrenplatz. Es könnte ja sein, dass noch jemand eingeladen ist, der angesehener ist als du. Der Gastgeber, der euch beide eingeladen hat, müsste dann kommen und dir sagen: ,Mach ihm bitte Platz!‘ Dann müsstest du beschämt nach ganz unten rücken. Nimm lieber von vornherein den letzten Platz ein. Wenn dann der Gastgeber kommt und zu dir sagt: ,Mein Freund, nimm doch weiter oben Platz!‘ wirst du vor allen Gästen geehrt sein. Denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“

(Lukas 14, 7-11)

Wenn ich hier von Demut rede, dann habe ich eigentlich überhaupt kein Recht, irgendwelche Vorschläge zu machen, geschweige denn, zu urteilen. Schließlich ist wahre, echte Demut etwas, nach dem ich mich ausstrecke, aber von dem ich immer noch meilenweit entfernt bin. Sooft ertappe ich mich dabei, wie ich während ihres Lebensstils schlechte Gedanken über andere Menschen habe. Wie ich hochmütig und stolz werde, wenn mir etwas besonders gut gelungen ist, anstatt Gott dafür zu danken, dass er mich mit dieser Gabe ausgestattet hat. Wie ich auf der Bühne stehe, um eigentlich Lobpreis zu machen und mir gleichzeitig über den Applaus und Lob ein Bestätigungsgefühl hole.  

 

Vermutlich ist eine authentisch demütige Haltung auch etwas, an dem man sein Leben lang arbeiten muss. Derjenige, der jedoch wirklich und wahrhaftig demütig war und deshalb auch in der Position ist, Ratschläge zu geben, ist Gott selbst. Obwohl Jesus bereits Teil der Ewigkeit war, obwohl er alles hatte, obwohl er allmächtig, allwissend, einfach göttlich war, war es ihm wichtiger, uns zu begegnen.

Interessant ist hier die Parallele von seiner Kreuzigung zu der Geschichte von Josef: Beide Male kommt jemand Unschuldiges zwei Verbrechern ganz nahe und einer wird mit ihm aus der Gefangenschaft geholt, während der andere stirbt und gefangen bleibt. Der Unterschied: Mit Jesus haben wir die freie Wahl, uns dafür zu entscheiden, ihm nachzufolgen.  

 

Da die Bibel das einfach besser formuliert als ich, kommt hier noch ein letztes Zitat, ein Lied aus der Zeit der ersten Gemeindegründungen kurz nach Jesus Tod:

Er war genauso wie Gott und hielt es nicht gewaltsam fest, Gott gleich zu sein. Er legte alles ab und wurde einem Sklaven gleich. Er wurde Mensch und alle sahen ihn auch so. Er erniedrigte sich selbst und gehorchte Gott bis zum Tod – zum Verbrechertod am Kreuz.

Darum hat Gott ihn über alles erhöht und ihm den Namen geschenkt, der über allen Namen steht: Denn vor dem Namen Jesus wird einmal jedes Knie gebeugt; von allen, ob sie im Himmel sind, auf der Erde oder unter ihr.

Und jeder wird bekennen: „Jesus Christus ist der Herr!“ So wird Gott, der Vater geehrt.

(Philipper 2, 5-11)

 

 

Wenn also jemand wirklich selbstlos und demütig war, dann Jesus. Von ihm möchte ich lernen und das Schöne ist, dass alles, was ich tue, für ihn ja auch nicht unsichtbar bleibt. Wenn ich wissen kann, dass mein Wert in Gott feststeht, dass er mich erhöhen wird, wenn ich am Boden bin, dann muss ich ihn nicht mehr durch Hochmut generieren, der sich über andere hinwegsetzt. Dann kann ich andere erhöhen und mich für ihre Erfolge und ihre Stärken freuen, ohne dass mein Selbstvertrauen leidet. Dann kann ich meinen Nächsten authentisch lieben. 

Jeder Mensch ist ein Lächeln wert

Gefängniseinsätze im Ausland

 

Sengende Hitze, der Gestank von Schweiß und Rauch liegt in der Luft. Zerlumpte Menschenmassen sitzen draußen auf freiem Boden, um sie herum nur Mauern und Stacheldrahtzäune. 

Für unsere Verhältnisse ist so etwas kaum vorstellbar, doch in dem Freiluftgefängnis in Malawi ist das leider Realität: Bei 46 ° Celsius sitzen 3500 zerlumpte Gefangene dicht zusammengedrängt, schlafen auf Beton und bekommen eine, wenn sie Glück haben, zwei Portionen Mais am Tag.

Und das ist nicht das größte Problem: In Columbien beispielsweise gibt es meistens für alle Gefängnisse im Land nur einen Arzt. Viele Gefangene brauchen Medikamente und Medizin.

 

All dem ist sich auch Petra-Marina Keffel mehr als bewusst. Die heute einundsiebzige Wernigeröderin wird als ehrenamtliche medizinische Einsatzkraft von „humedica“ und der Partnerorganisation „PFI“ (Prison Fellowship International), die sich für die Gefangenen im Ausland einsetzt und sie unterstützt, in Projektländer wie Kamerun gesendet. Dort werden die Gefangenen, ihre Angehörigen und das Gefängnispersonal betreut. Die Organisation entstand Mitte der 90er-Jahre, als bei einem schweren Erdbeben in Columbien Ärzte benötigt wurden. Petra Keffel kam auf einer Tagung in Jena mit dem Projekt in Kontakt.

Die überzeugte Christin hatte schon länger den Wunsch, irgendwie zu helfen. „In meinem Alter, dachte ich, geht das ja gar nicht mehr.“, erzählt sie. Die ehemalige Fachärztin für Urologie war damals schon 60 Jahre alt, ihre Kinder waren längst aus dem Haus. Doch als sie von ihrem Kollegen von der kleinen Organistation hörte, die ihren Sitz im Allgäu hat, nahm sie sich Urlaub und machte ihren ersten Einsatz mit. Mit dem Bus ging es 38 Stunden von München nach Kosewo – Russland. Bei bitterer Kälte, wahnsinnigen Schneestürmen und Lawinen erlebte sie einen bewegenden Einsatz. Mit nur zwei Ärzten und einem Missionar machten  Doch das reichte Petra Keffel noch nicht. Sie wollte weiter weg. Also brach sie mit dem Arzt, der ihr von der Organsition erzählt hatte, zu dem allerersten Gefängniseinsatz nach Kasachstan auf. „Dieses Land hat mich sehr bewegt.“ Weitere Reisen nach Columbien, Malawi und Madagaskar schlossen sich an.

„So einen Gefängniseinsatz machst du einmal und immer... oder einmal und nie wieder.“, erzählt sie. Petra Keffel entschloss sich für das „Immer“.

 

Den Alltag auf den jeweils zweiwöchigen Intensiveinsätzen beschreibt die Ärztin wie folgt:

Morgens müssen sie und ihre Teamkollegen früh um Sechs aufstehen und arbeiten den Tag bis um 23:00 Uhr durch. Es gibt zwei volle Arbeitswochen in denen die Ärzte pro Tag bestimmt auf 100 Gefangene treffen. Jeder leidet an etwas anderem: Darunter Unterernährung, Hunger, aber auch Tuberkulose oder Infektionen bis hin zu Depressionen. In zwölf Tagen besuchen sie sechs Gefängnisse – für jedes einzelne nehmen sie sich zwei Tage Zeit. Zwischendurch gibt es allerdings auch einen Tag frei, an dem Petra Keffel und ihr Team sich ausruhen konnten.

Die Flüge muss jeder der Helfer selbst bezahlen, doch die Unterkunft, das Essen und die Medikamente finanziert die Organisation. Was am Ende des Einsatzes an Medikamenten noch nicht abgearbeitet ist, wird dagelassen. Aber leider kriegen manchmal nicht alle Gefangenen ihre Medikamente. „Korruption ist keine Seltenheit.“, sagt Petra Keffel bedauernd.

Und es gibt noch andere Probleme: Mal gibt es kein Wasser, dann erleiden Ärzte Nervenzusammenbrüche wegen den Massen von schmutzigen Gefangen, die alle unbedingt Hilfe bekommen wollen oder wegen dem Leid und der Verzweiflung.

Bekannte von ihr konnten nicht verstehen, dass sie sich so sehr dafür engagierte. „Was machst du denn da, das ist doch völliger Quatsch, das ist ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Doch Petra Keffel ist sich sicher, das Richtige zu tun. „Und wenn du nur einen Menschen rettest – dann rettest du die ganze Welt.“, zitiert sie einen Kollegen. „Das hat mich immer noch Monate, Jahre danach froh gemacht: Dieses Leuchten in den Augen der Gefangenen. Da sind diese Mauern plötzlich weg. Da ist nur noch das Lied und die Freude, den Leuten die gute Botschaft bringen zu können, die von der Gesellschaft ausgeschlossen sind und keine Freude mehr im Herzen haben.“ Manche von ihnen sind total verarmt: Eine Ziege zu stehlen wird teilweise mit 14 Jahren Gefängnis bestraft. Und da es meistens Kinder sind, die jahrelang auf ihren Prozess warten müssen, kann es vorkommen, dass manche von ihnen im Gefängnis aufwachsen. Manche scheinen das wirklich nicht zu wissen: „Dass jeder Mensch wertvoll ist. Dass jeder Mensch ein Lächeln wert ist.“ Dieses Wissen weiterzugeben... das ist es, was die Reisen für Petra Keffel ausmacht.

 

Doch neben vielen erschreckenden und schockierenden Erfahrungen hat sie vor allem schöne und bewegende Erlebnisse gemacht. Zehn Jahre lang hat sie bei den Einsätzen mitgemacht, nun hat sie vor drei Jahren aufgehört. Zuletzt war sie in Madagaskar und erzählt immer noch gerne von den Reisen. „Meine Kollegin hat in zwei Wochen 598 Zähne gezogen! Wir haben nicht viel betäubt: Das brauchten die nicht.“ Neben ihrer ärztlichen Arbeit und der Medizin waren ihr vor allem die Gebete sehr wichtig. Jedem Patienten gab sie zur Medizin ein „God bless you“, in Malawi „Mulungu akudalitseni“, mit auf den Weg. Und viele der Gefangenen haben das auch bitter nötig.

 

Immer noch.  

Ein paar philosophische Gedanken

(... die ich in der 8. Klasse mal in mein tagebuch geschrieben und letztens Gefunden habe...)

Zeit

Zeit ist ein Geheimnis. Jemand hat mal gesagt: „Wir sehen, wie ein Glas vom Tisch fällt und in tausende von winzigen Scherben zerbricht, aber wir werden nie sehen, wie ein Scherbenhaufen von dem Boden auf den Tisch zurückspringt und sich zu einem Ganzen zusammenfügt. Das ist das Geheimnis der Zeit: Dass sie eine Richtung vorgibt.“ Früher, als ich klein war, habe ich mich mal gefragt, ob die Zeit vielleicht eine Dimension ist. Sie hält uns zusammen. Ohne sie könnten wir uns nicht mit Freunden treffen. Sie ist wichtig, auch wenn sie uns so selbstverständlich vorkommt. Wieder etwas, an dass wir uns gewöhnt haben. Und dann hatte ich noch einen Gedanken: Jeder weiß, dass zwischen 0 und 1 eine Unendlichkeit liegt: 0,1. 0,01. 0,001 und so weiter. Und das bedeutet, dass zwischen 0 und 2 eine größere Unendlichkeit liegt als zwischen 0 und 1. Was bedeutet, dass es größere und kleinere Unendlichkeiten geben muss. Und man kann ja auch ein Sekunde in unendlich viele kleine Teile teilen: Eine Millisekunde, eine Hundertstelsekunde, eine Tausendstelsekunde, ein tausendstel einer Tausendstelsekunde und so weiter. Nur... wenn es unendlich viele Teile dieser Sekunde gibt... Warum vergeht dann die Zeit?

 

Sterne

 

Sterne sind so weit entfernt und doch immer da. Der Gedanke, wie weit entfernt und wie groß sie sind, macht mir beinahe Angst. Denn das heißt, dass ich winzig bin. Das ganze Universum ist riesig. Diese ganze Welt. Das Licht braucht seine Zeit um zur Erde zu kommen, manchmal sind es einige Lichtjahre. Das bedeutet, dass manche Sterne, die wir heute noch sehen, bereits lange verloschen sind. Ein Blick ins Universum ist ein Blick in die Vergangenheit. Manchmal ist es mit dem Leben wie mit den Sternen. Manche Dinge sind so weit und unerreichbar, dass wir es nicht schaffen werden, daran heranzukommen, egal, wie sehr wir uns bemühen. Und vieles, was wir immer noch krampfhaft festhalten ist eigentlich schon längst Vergangenheit. Aber wir können nicht loslassen und das macht uns kaputt. Können nicht erkennen, was unwiderruflich verloren ist und was nicht. Sehen den Unterschied nicht. Und dann sind da diese Lichter, die uns blenden und uns die Sterne nicht mehr sehen lassen. Obwohl sie da sind. Wir sehen es nur nicht.

 

Über den Wolken

Manchmal finde ich den Gedanken, dass es, egal, wie schlecht es uns hier auf der Erde geht, immer einen Ort gibt, an dem es schön ist, tröstlich. Ein bisschen ist es vergleichbar mit einem Blick aus einem Flugzeugfenster: Egal, wie schlecht das Wetter unten auf dem Erdboden ist: Über den Wolken scheint immer die Sonne. Sie ist da. Wir sehen sie nur nicht. Wissen sie nicht wertzuschätzen, wenn sie da ist und ärgern uns darüber, wenn sie nicht da ist. Warum wir genießen wir nicht einmal das, was wir haben? Warum muss uns alles so verständlich vorkommen?

Warum gewöhnen wir uns so schnell an so vieles?

 

 

Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier."

 

- Die Frage nach dem Glück,- und wie man es erreichen kann -

 

Dieses Zitat stammt zwar höchstwahrscheinlich von Mahatma Gandhi (sonst Frank N.D.Buchman), beschreibt jedoch ziemlich gut, was auch der aktuelle Papst Franziskus meinte, als er am 24. Dezember 2018 während der Christmette in Rom vor Tausenden von Gläubigen auf dem Petersplatz sagte, dass der Mensch gierig und unersättlich geworden sei. Das Haben, das Anhäufen von Dingen scheine für viele der Sinn des Lebens geworden zu sein, worin er letztendlich auch die Ursache für weltweite Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten sehe.

Doch ich würde dieser Aussage bereits in dem Punkt widersprechen, dass wir Menschen erst unersättlich geworden seien. Im Gegenteil: Ein Blick auf die Menschheitsgeschichte zeigt sehr deutlich, dass wir das schon immer waren: Wo früher im Rahmen des Kolonialismus ganze Völker ausgebeutet wurden, hat unsere gierige Lebensweise heute dazu geführt, dass sogar die Zukunft unseres Planeten in Gefahr ist. Der weltweite ökologische Fußabdruck lag im Jahr 2008 bei 1,3 (in
Deutschland sogar bei 2) – und inzwischen dürfte die Anzahl der Erden, die wir bräuchten, um mit dem jetzigen Lebensstandard weiterzuleben, noch gestiegen sein.

Tja, es scheint fast so, als wären wir Menschen nicht in der Lage, unsere Bedürfnisse zu befriedigen, ohne die Bedürfnisse anderer einzuschränken. Es ist, als stünden wir auf einer Brücke und wären ständig damit beschäftigt, etwas von deren Pfeilern abzuschleifen.

Auch das 10. Gebot der Bibel existiert nun schon seit tausenden von Jahren – und aus welchem Grund? Es hat sich nichts, rein gar nichts an unserem Verhalten geändert! Obwohl die Aufforderung, nichts von dem Besitz anderer zu begehren, meiner Auffassung nach eine der wichtigsten ist, scheinen wir sie heute oft zu vergessen. Dabei kann gerade Gier in unreflektierter und ungedämpfter Form nicht nur in eine versklavende Abhängigkeit führen, sondern auch andere Folgen wie Lügen, Diebstahl, Mord oder sogar ganze Kriege hervorrufen. Letzten Endes führt sie immer zu der Zerstörung sozialer Gemeinschaft, das ist Fakt.

Leider scheint Gier seit jeher jedoch eine menschliche Grundeigenschaft zu sein.

 

Die Fragen, die wir uns nun also stellen müssen, sind Folgende: Wie kommt das? Wie können wir, persönlich, aktiv etwas daran ändern? Und wie ist es möglich, unsere Welt ein klein bisschen gerechter zu machen und ein besseres Zusammenleben zu ermöglichen?

Ich könnte jetzt anfangen, die Methoden zu nennen, die wir in Geografie gelernt haben, um das Unrecht auf der Welt zu verkleinern: Hilfe zur Selbsthilfe; Multiplikatoren, die Technologien und Entwicklungen in Entwicklungsländern verbreiten; Spenden; politische Unterstützung, Nahrungspakete... Doch all das sind lediglich Medikamente, um die Symptome zu lindern. Nahrungspakete sind schnell aufgebraucht, hoch entwickelte Technologie oft eine Überforderung für ursprünglichere Kulturen und vor allem kriegerische Unterstützung oft eher eine weitere Schadensursache, als eine Hilfe.

Die wirkliche (Krankheits)ursache liegt dagegen tiefer begraben – und zwar in dem Herzen jedes einzelnen Menschen, direkt in dem Kern unseres Seins. Viel wichtiger finde ich es daher, dass jeder etwas an seinem  Verhalten und an seiner Einstellung ändert. Ich kann nicht jeden dazu bringen,das zu tun, aber was ich tun kann, ist es, einige mögliche Strategien zu nennen.

 

Zunächst müssen wir also einen Blick auf die Ursachen von Gier zu werfen – um gegen die verheerende Krankheit vorgehen zu können, die letztlich eine Gefahr für die ganze Menschheit darstellt.

Gier ist immer ein Gefühl von Unzufriedenheit, das Gefühl, selbst nicht genug zu haben, oder – zumindest weniger zu haben als ein anderer. Ihr zugrunde liegt eine gewisse Gleichheitsideologie: Jeder soll gefälligst gleich viel haben, nur dann leben wir in einer gerechten Welt. Doch Menschen sind viel zu egoistisch um so etwas gelingen zu lassen, das hat bereits das Scheitern des Kommunismus recht deutlich gezeigt. Ein weiterer Beleg dieser Tatsache ist ein einfaches Gedankenexperiment: Stellt euch vor, ihr habt ein besseres Handy als euer – sagen wir – gleich altes Geschwisterkind bekommen. In den meisten Fällen seid ihr nur unzufrieden mit der ungerechten Situation, wenn ihr selbst der Nachteil leidende seid, oder?

Um den Ursachen von Gier weiter auf die Spur zu kommen, möchte etwa 2500 - 3000 Jahre in der Zeit zurückgehen. Denn bereits die antiken  Philosophen beschäftigten sich mit der Frage nach dem Glück. Sowohl die Epikureer als auch die Stoiker erklärten es zu ihrem Lebensziel, langfristig glücklich und zufrieden zu sein. Zufrieden... nehmen wir dieses Wort einmal auseinander: Zufrieden sein, heißt, im Frieden mit sich selbst und dem, was man hat, zu sein. Folglich können wir, wenn wir glücklich und zufrieden sind, nicht gierig sein.

Während die Stoiker eine asketische Lebensweise propagierten und in der Abwesenheit von allen Reizen die wahre Freiheit sahen, strebte Platon nach der Erkenntnis und die bereits erwähnten Epikureer versuchten, zurückgezogen ins Private kurzfristige Vergnügungen zu vermeiden, um keine negativen Konsequenzen daraus zu ziehen. Stattdessen beschränkten sie sich bei ihrer Suche auf das langfristige Glück, auch wenn das manchmal einen kurzfristig gesehenen Verzicht bedeutete. Damit kommen wir dem, was der Papst sagte, schon recht nahe: Jesus und die Weihnachtsgeschichte eröffne ein anderes Lebensmodell: Nicht verschlingen und hamstern, sondern geben und teilen. Könne man es schaffen, auf viele überflüssige Nebensächlichkeiten zu verzichten, um ein einfacheres Lebensmodell zu wählen?

Was macht uns wirklich glücklich? Und warum nenne ich diesen Begriff überhaupt im Zusammenhang mit Gier? Nun, beide Gefühle schließen sich aus – und hängen deshalb eng zusammen:

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass wir Menschen mehr sind als unser irdischer, biologischer Körper. Wie ihr alle wisst, glaube ich an Gott und daran, dass nach dem Tod nicht alles vorbei ist. In der Bibel steht, dass Gott uns die Ewigkeit ins Herz gelegt hat, also einen Teil in unserem Herzen geschaffen hat, der mit Nichts aus dieser Welt gefüllt werden kann. Weder mit Vergnügungen, noch Geld, noch einem Auto, noch Drogen, noch Erfolg und Karriere,... usw usw.

 

Ein Bekannter erzählte mir einmal von einer reichen Frau, die sich in diesem Jahr bereits auf ihrer sechsten Traumreise befand – und sich darüber beschwerte, dass das Programm ja doch immer dasselbe sei. Ihr seht: Irgendwann ist auch der größte Luxus einfach nicht mehr genug.

Letztendlich lässt uns alles leer zurück, weil es nicht das Puzzleteil ist, dass uns komplett machen würde. Wir sind immer auf der Suche und doch nie langfristig befriedigt. Wenn wir das merken, werden wir schnell unersättlich und gierig, in der Hoffnung, dass es die nächste Sache sein könnte, die uns endlich zufrieden machen wird.

Vielleicht merken wir all das noch nicht in unserer Jugendzeit, doch spätestens,wenn wir älter werden, die ersten gesteckten Ziele erreicht haben und merken, dass uns das irgendwie auch nicht richtig erfüllt, werden wir registrieren, dass wir anfangen, unzufrieden zu werden.

Ich persönlich glaube, dass nur Gott diese Sehnsucht nach mehr in uns stillen kann und habe die Erfahrung machen dürfen, seinen Frieden – und deshalb auch eine tiefe Zufriedenheit erleben zu dürfen. Natürlich bin auch ich oft zu Unrecht undankbar, aber zumindest habe ich jemanden, der mich oft daran erinnert, dass ich eigentlich nur Grund zur Freude habe.

Als ich letztes Jahr für den Gleimhauswettbewerb diese Geschichte zum Thema Glück geschrieben habe, da war es mir wichtig, zu vermitteln, dass Glück nicht von den Lebensumständen abhängen muss. Wenn die Grundlage, auf der wir stehen, stimmt, dann wird unser Haus auch bei einem Sturm nicht weggerissen.

Ich durfte gerade in schwierigen Zeiten beispielsweise erleben, dass Gott da war – und mir in den schlimmsten Momenten Freude schenkte. Gerettet zu sein heißt für mich, sich nicht mehr anstrengen zu müssen, um geliebt zu werden und akzeptiert zu sein, es bedeutet, dass Besitz unwichtig wird und alles, was entscheidet, die Liebe zu Gott und den Menschen um einen herum wird.

Global gesehen wünsche ich jedem eine solche Erfahrung. Allerdings weiß ich auch, dass viele von euch mit solchen Ansichten nichts anfangen können und will daher auch auf einige praktische Strategien eingehen, die mir geholfen haben, Unzufriedenheit unter die Füße zu bekommen.

Ziel dieser Rede soll es nämlich sein – anstelle von theoretischen und weltfremden Behauptungen – Perspektiven zu eröffnen und Vorschläge zu machen, die jeder von uns; egal ob klein oder groß, ob arm oder reich, einflussreich oder unbekannt..., sofern er das möchte, ganz aktiv in seinem Alltag umsetzen kann.

Denn es ist zu einfach, zu sagen, dass wir Menschen eben so „seien“. Ein Mensch, der so etwas formuliert, hat es aufgegeben, sich weiterentwickeln zu wollen und ist deshalb zutiefst bedauernswert. Im Gegensatz zu einem lediglich von seinen Instinkten gesteuerten Tier haben wir nämlich durchaus die Wahl! Wir können unseren Verstand gebrauchen und uns gegen diesen Drang, immer mehr haben zu wollen, wehren!

Ihr fragt euch, wie das geht? Nun, zuerst einmal ist es notwendig, zu verstehen, wie Gier funktioniert.

 

Alles beginnt mit dem Hinsehen. Dann folgt das Vergleichen, das zu Begehren führt, schließlich beginnen wir, falsche Pläne zu schmieden und am Ende ist das Ergebnis die egoistische Tat, die – in dem Versuch, sich selbst einen Vorteil zu verschaffen, - anderen schadet.

Den ersten Blick kann man schlecht vermeiden, doch bei allen weiteren Schritten dieses Prozesses gilt: Aussteigen ist möglich: Und je früher dieser Ausstieg geschieht – beispielsweise indem man sich einfach zwingt, wegzusehen – desto einfacher gelingt er auch.

Dann gibt es drei Dinge, die vor Unzufriedenheit und damit auch Gier schützen können.

Zum einen ist es die Zufriedenheit, die ich bereits erwähnte. Zufriedenheit ist eine bewusste Entscheidung.

Lasst mich dies mithilfe dieses Blattes Papier demonstrieren. Was seht ihr? Einen schwarzen Punkt? Das stimmt. Aber habt ihr auch die große weiße Fläche bemerkt? Wir Menschen neigen dazu, immer über das, was fehlt, zu klagen und all das, was wir haben, zu übersehen. Doch diese Einstellung kann man ändern – und eng damit zusammen hängt als zweite Schutzmöglichkeit die Dankbarkeit. Ich wurde einmal aufgefordert, 100 Dinge aufzuschreiben, für die ich dankbar war.

 

100 Dinge.

Das ist schon eine ganz schöne Menge.

Die ersten zwanzig waren noch recht einfach, ab da an wurde es ehrlich gesagt erst einmal sehr schwer, doch als ich bei Nummer 50 angelangt war, konnte ich plötzlich gar nicht mehr aufhören, zu schreiben – selbst, als ich die 100 längst erreicht hatte.

Man kann Dankbarkeit also einüben. Probiert es mal aus. Fangt morgens an: damit, dass ihr überhaupt aufstehen könnt. Dass aus dem Wasserhahn, nicht nur Wasser sondern auch noch warmes Wasser kommt. Und wofür wir alles dankbar sein können, wenn wir uns an den Frühstückstisch setzen... damit will ich gar nicht erst anfangen.

Wusstet ihr etwa, dass wir – gemessen an unserem Lebensstandard - zu den 2 wohlhabendsten Prozent der Weltbevölkerung gehören? Die meisten Menschen haben nicht einmal ein festes Dach über dem Kopf, geschweige denn sauberes, fließendes Wasser oder Strom.

Aus diesen Informationen folgt sowohl Strategie Nummer 3 als auch das große Problem unserer Zeit. Die Strategie ist Freude über das, was wir haben - und das Problem: Unter dem, was wir alles haben, leiden die anderen. Auch der Papst kritisierte dies während seiner Ansprache: Während einige wenige üppig schlemmen, haben unheimlich viele kein Brot zum Leben.

Für beides ist die Antwort: Nehmt die Sachen nicht für selbstverständlich und vermehrt eure Freunde, indem ihr das, was ihr habt, teilt, denn Geben ist bekanntlich seliger als nehmen (ja, auch das steht in der Bibel, Apg. 20,35) Freigiebig sein fällt leichter, wenn man zufrieden ist, letzten Endes läuft jedoch jedes Mal alles auf die Entscheidung hinaus, an seiner Einstellung zu arbeiten. Das fängt bei kleinen Alltagssituationen an, in denen man nicht auf sein Recht beharrt und jemand anderem den Sitz- oder Parkplatz gönnt. Es geht weiter mit einer offenen Haltung gegenüber Flüchtlingen, die uns nicht „nur die Arbeitsplätze wegnehmen“ , sondern, so, wie auch der Papst es am 24. Dezember formulierte: Auch eine unheimliche Bereicherung darstellen. Dazu gehören Toleranz, Akzeptanz und natürlich auch ein aktiver Austausch, um sich gegenseitig zu verstehen.   Es kann damit enden, dass man Auslandseinsätze mitmacht, Spendet, oder eben auf gerecht angefertigte Kleidung umsteigt.

Wie man Zufriedenheit, Freigiebigkeit und Gerechtigkeit lebt, sei jedem selbst überlassen, wichtig ist dabei jedoch, dass wir nie vergessen, wie gut es uns geht. Es gibt immer jemanden, der alles tun würde, um den Lebensstandard zu erreichen, für den wir persönlich bisher kaum etwas leisten mussten.

Was könnte da eine angemessenere Reaktion sein, als wenigstens ein bisschen von unserem Überfluss zu teilen? Es liegt in unserer Verantwortung, andere so zu behandeln, wie wir behandelt werden wollen; einfach, weil wir in der Lage dazu sind. Wie die Epikureer sage ich, dass uns das vielleicht kurzfristig einen winzigen Teil unseres Komforts kosten wird, langfristig gesehen aber definitiv auch unsere eigene Freude vermehrt.

Schließen möchte ich wieder mit einem Auszug aus der Rede des Papstes: „Wenn wir auf die Krippe schauen, verstehen wir, dass das, was das Leben nährt, nicht der Besitz, sondern die Liebe ist, nicht Gier, sondern Nächstenliebe, nicht Überfluss, den man zur Schau stellt, sondern die Einfachheit, die man bewahrt.“

 

Und - Wenn wir nicht damit anfangen, wer tut es dann?