Berufung… Irgendwie ein großes, bedeutungsschweres und vor allem abstraktes Wort. Für mich steht es hauptsächlich für eine Unmenge an Fragezeichen: Wo soll ich mit meinem Leben, meinen Wünschen und Träumen hin? Was ist der Weg, den Gott für mich vorgesehen hat und gibt es überhaupt diesen einen, einzigen Plan oder vielleicht mehrere richtige, für die ich mich frei entscheiden kann? Wo kann ich die Gaben, die ich geschenkt bekommen habe, am besten für andere einsetzen, was ist das Ziel, was wird bleiben und worauf sollte ich bei meiner Lebensplanung und den Entscheidungen, die ich treffe, am meisten Wert legen? Muss Beruf gleich Berufung sein oder beeinflusst meine Berufung eher meinen Beruf? Und kann ich mein Calling – um hier mit Anglizismen mal ein bisschen Variation in diesen Text zu bringen – verpassen, wenn ich konsequent meine Ohren vor dem verschließe, was Gott mir zeigen möchte? Und wenn wir schon dabei sind: Was genau hat Berufung mit Ruf zu tun? Was bedeutet es, dass ich trotz vieler Fragen nicht immer (sofort) eine Antwort bekomme? Kann ich es lernen, besser hinzuhören und wenn ja, - wie? Muss ich bessere Fragen stellen? Oder… lieber überhaupt keine und einfach losgehen?
Dieses Thema hat mich in den letzten Jahren sehr beschäftigt: Es gab vermutlich keine Woche, in der ich mich nicht zumindest einmal mit dem Gedanken über meine Zukunft und Gottes Plan für mein Leben auseinandergesetzt hatte und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich damit nicht allein bin… Daher nun dieser Blog-Artikel, indem ich versuchen werde, mich anhand der Bibel – und den Gedanken einiger sehr kluger Menschen – genau diesen Fragen ein wenig anzunähern. Spoiler Alert: Ich bin kein Prophet, weder habe ich die Weisheit mit Löffeln gegessen (eher mit Stäbchen, scheint mir oft, - mit einem Stäbchen und ich versage regelmäßig schon mit zweien), noch kann ich Feuer vom Himmel fallen lassen (schade eigentlich). Was ich aber eigentlich damit sagen will: Das Thema Berufung ist unheimlich komplex, dynamisch und auch von Person zu Person völlig unterschiedlich erlebbar. Das liegt schlichtweg daran, dass der Berufer selbst einfach nicht in Schubladen zu pressen ist. Seine Pläne sind höher als unsere und seine Wege höher als unsere Wege, heißt es schon in Jesaja 55, Vers 8. Aber das bedeutet nicht, dass wir keine Fragen stellen dürfen, im Gegenteil. Gott freut sich sogar darüber. Er weiß außerdem, ob und vor allem, wann wir eine Antwort brauchen und führt uns genau dort, wo es am nötigsten ist, - selbst, wenn wir das oft erst im Nachhinein bemerken. Genau das durfte auch ich erst vor kurzem erleben… Aber dazu später mehr ;D
Zunächst einmal zum Wort Berufung...
In unserem heutigen Sprachgebrauch scheint es mehrere Bedeutungen zu besitzen, beispielsweise die Berufung vor Gericht, um ein juristisches Mittel gegen ein Gerichtsurteil auszuschöpfen oder die Berufung eines Professors in eine neue Lehraufgabe. Wenn jemand fragt, ob sich „irgendjemand zum Aufräumen berufen fühlt“, dann geht es dabei sogar um einen eher unangenehmen Auftrag. Doch ist dieses Verständnis von Berufung wirklich biblisch?
In der Bibel ist, - sobald von Berufung die Rede ist, - grundsätzlich Gott derjenige, der die Menschen beruft, indem er in eine besondere Beziehung zu ihnen tritt und ihn zu einer besonderen Aufgabe ruft. Ich kann mich nicht selbst berufen, mich jedoch dazu entscheiden, meine Berufung anzunehmen oder sie abzulehnen. Doch es muss nicht immer um eine explizite Aufgabe gehen: Dieses Denken ist tief in unseren Köpfen verwurzelt, es ist Teil unseres meritokratischen Denkmusters, unseres leistungsorientierten Systems und natürlich auch entscheidende Triebkraft unseres Anspruches an uns selbst. Und ehrlich gesagt ist es gar nicht so weit hergeholt: Wenn Gott Menschen beruft, dann gibt er ihnen einen bestimmten Auftrag. Doch es geht nicht in erster Linie darum, etwas zu tun, sondern zuallererst um die Berufung zu einer lebensrettenden Beziehung mit Jesus.
Das Wort „Evangelium“ bedeutet „frohe Botschaft“ und diese Botschaft lädt uns dazu ein, unser Leben Jesus anzuvertrauen und dadurch unsere Beziehung zu Gott für immer in Ordnung zu bringen. Darum heißt es in Hebräer 3,15 auch: „Wenn ihr heute seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.“ und in 2. Thessalonicher 2,14: „Und durch unser Evangelium hat er euch auch berufen, einmal an der Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus teilzuhaben.“
Berufung hat also tatsächlich etwas mit „Ruf“ zu tun: Wir sind zuerst einmal ge-rufen und wenn wir diese Einladung angenommen haben, dann auch be-rufen, Kinder Gottes zu sein. Mit diesem Hintergrundwissen können wir dann auch die Einleitung des Briefes einordnen, den Paulus damals an die Korinther schrieb: An die Gemeinde Gottes in Korinth,[2] an die, die Jesus Christus geheiligt hat, die berufenen Heiligen,[3] und an alle, die irgendwo den Namen von Jesus Christus anrufen, den Namen ihres und unseres Herrn.
Das griechische Wort καλέω – kaleo, das unseren Übersetzungen zugrunde liegt, heißt nicht nur einfach rufen, sondern vor allem so viel wie herbeirufen und einladen: In Römer 8,30; 1. Korinther 1,9; Hebräer 9,15 und 1. Petrus 3,6 handelt es sich dabei ganz explizit um die göttliche Einladung, am Segen der Erlösung teilzuhaben.
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Berufen zu sein ist so herrlich inklusiv: Hier wird niemand aus- oder eingegrenzt, es geht nicht darum, sich durch besondere Taten oder Eigenschaften für eine Berufung zu qualifizieren. Denn Gott beruft nicht die Fähigen, sondern befähigt die Berufenen.
Dieses Wissen kann jetzt schon einmal gehörig für Entspannung sorgen.
Ich persönlich habe lange verbissen nach einer speziellen Aufgabe gesucht, hatte das Gefühl, nur dann so richtig mein Leben für Gott zu leben, wenn ich diese eine, klare (im besten Fall göttliche) Vision für mich im Blick hatte. Mit Daten, Fakten, Namen, Adressen und wenn möglich gleich noch gebuchten Flugtickets in das Land, das er mir zeigen würde. Doch diese Vorstellung war einfach menschlich. Und obwohl ich eigentlich wusste, dass ich Gott vertrauen konnte, so war diese Erkenntnis doch noch nicht in mein Herz durchgesickert. Mein ehemaliger Jugendleiter hatte mir einmal gesagt, dass man ein parkendes Auto nun einmal nicht lenken könne. Man müsse zuerst einmal losfahren. Und das hatte ich getan. Ich hatte eine Entscheidung getroffen, ich hatte viel gebetet, Pro- und Kontra-Listen geschrieben bis zum Abwinken, Gespräche geführt, bis ich die Argumente nicht mehr hören konnte und beschlossen, trotz aller Zweifel einfach einmal loszugehen. Doch da stand ich nun, unsicher bezüglich meines Studienganges, unglücklich damit, isoliert in einer corona-bedingt eingefrorenen Stadt zu sitzen und ohne zu wissen, ob ich nur deshalb keinen Frieden über der Entscheidung fühlte, weil es mir immer noch an Vertrauen mangelte, oder weil ich wirklich auf einem falschen Weg war. Noch immer fühlte ich mich wie ein Blatt im Wind: Hin und hergetrieben von jeder kommenden Böe, ohne Ziel im Blick und ohne die Gewissheit, die ich mir so sehr wünschte. Wie Petrus stand ich mitten auf den Wellen und vergaß in meiner Angst, warum ich überhaupt losgegangen war, - und auf wen ich schauen musste, um nicht zu sinken.
Während einer Predigt in einem der Abendgottesdienste des Christus-Treffs hörte ich dann von der universellen und der expliziten, speziellen Berufung auf der anderen Seite.
Die universelle Berufung...
...schließt uns alle mit ein, worum es dabei geht, habe ich bereits erklärt. Wirklich erleichternd ist jedoch die Tatsache, dass es dabei nicht primär darum geht, etwas zu tun, sondern, etwas zu sein. Berufung bedeutet nicht, dass wir Gott etwas geben, wenn wir ihn zum Herrn unseres Lebens machen, sondern, dass wir etwas erhalten.
Wir sind berufen, ein Segen zu sein, andere zu segnen, hinzugehen, das Alte abzulegen, heilig zu sein, weil er heilig ist. „Heilig zu sein“ heißt schlichtweg, für Gott reserviert zu sein, ihm zu gehören, sich ihm zur Verfügung zu stellen und in dieser Beziehung in einem fortwährenden Prozess ihm immer ähnlicher zu werden.
Wir sind nach Matthäus 28, 16-20 außerdem alle dazu berufen, Botschafter zu sein. Von dem weiterzuerzählen, was wir erleben durften, Klartext zu sprechen, wo es notwendig ist und gleichzeitig zu lernen, zwischen den Zeilen zu lesen und mit den Ohren unseres Gegenübers zu hören: Wie versteht er mich, wie kann ich ihm das Evangelium sagen, wo muss ich mahnen und aufrütteln, zu Gott und seiner Existenz stehen? Und wo muss ich lernen, authentischer zu handeln, damit meine Ermahnung als das verstanden werden kann, was sie wirklich ist: Nämlich keine herablassende Zurechtweisung, sondern ein einladender Zuspruch. Gottes Versöhnungsangebot will nichts Zwanghaftes sein, sondern ein ehrliches Fragen, das dem Gegenüber den Entscheidungsfreiraum lässt und ihm trotzdem deutlich sagt: „Komm zu Jesus“. Wenn wir wirklich Botschafter von Jesus sind, dann sind wir – auch im politischen Sinne - seine Vertreter. Unsere Aufgabe ist es, Versöhnung zu leben, damit unsere Bitte glaubwürdig ist. (2. Korinther 5, 20: So sind wir nun Botschafter für Christus, und es ist Gott, der durch uns mahnt. Wir bitten im Auftrag von Christus: "Nehmt die Versöhnung an, die Gott euch anbietet!") Denn wenn wir mit ihm unversöhnt sind, dann kann ein Leben nicht gelingen. Dann werden wir weiterhin von ihm getrennt bleiben, niemals unsere Berufung erfüllen und verbittern. Im Gegensatz dazu sind wir berufen, in Ewigkeit bei ihm zu sein. Für diese Botschaft lohnt es sich, einzustehen und ich durfte schon oft erfahren, wie Gott mir in entscheidenden Momenten den Mut gegeben hat, die Wahrheit auszusprechen und das auszuhalten, was mir dabei vielleicht entgegenwehte.
So viel zur großen, universellen Berufung: Unser Leben braucht Sinn und Relevanz. Es geht nicht darum, etwas zu tun, sondern vorrangig darum, in dem, was man tut, seine Erfüllung zu finden. Am Anfang steht die Beziehung zu Gott, das, was ich in seinen Augen bin. Er ist an mir als Person interessiert und möchte eine vertrauensvolle Freundschaft haben, kein Arbeitsverhältnis. Wie in jeder richtigen Beziehung sind unsere Handlungen allerdings natürlich die Art und Weise, wie wir zeigen, ob wir es ernst meinen: Nicht die Voraussetzung, aber die natürliche Reaktion ernst gemeinter Gefühle.
Die zweite Frage ist nun, ob es auch eine persönliche, spezielle Berufung gibt.
Wenn wir uns Epheser 2, 10 und Johannes 15,16 angucken, dann muss die Antwort darauf ganz klar „JA“ lauten:
In Jesus Christus sind wir Gottes Meisterstück. Er hat uns geschaffen, dass wir tun, was wirklich gut ist, gute Werke, die er für uns vorbereitet hat, dass wir damit unser Leben gestalten.
Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich euch. Ich habe euch dazu bestimmt, dass ihr losgeht und Frucht bringt - Frucht, die Bestand hat. Wenn ihr dann den Vater in meinem Namen um irgendetwas bittet, wird er es euch geben.
Diese spezifische Berufung kann für unser ganzes Leben oder nur für bestimmte Zeiträume gelten. Joachim Bär drückt das in seinem Buch „Meine Berufung – Gottes Traum für mein Leben“ folgendermaßen aus:
Meine Berufung ist nicht nur ein einzelnes, herausragendes Ereignis, zum Beispiel ein Donnergrollen, durch das Gott zu mir spricht und mir einen Auftrag gibt. Sie ist auch keine Begründung dafür, endlich einmal etwas Neues anzufangen, nur weil die gegenwärtige Situation unbefriedigend ist. Sie ist auch keine Entschuldigung, um nicht selbst nachdenken zu müssen und verantwortliche Entscheidungen für mein Leben zu treffen.
Deshalb bezieht
sich meine Berufung nicht nur auf ein einzelnes, besonderes Berufungserlebnis zu einer Lebensaufgabe, wie es zum Beispiel bei Abraham der Fall ist (vgl. 1. Mose
12,1). Sie bezieht sich auch nicht
nur auf den Moment, in dem meine Freundschaft mit Jesus Christus anfängt. Ebenso ist die Sichtweise, dass Berufung nur einzelne Aufgaben betrifft, zu eng. Meine Berufung kann auf der Grundlage
der Beziehung zu Gott mehrere besondere Berufungserlebnisse zu bestimmten Aufgaben beinhalten oder aber auch nicht. Sie kann mehrere kleine Aufgaben gleichzeitig umfassen oder nur eine große
Lebensaufgabe. Gott kann mich zu neuen Aufgaben berufen, sodass bisherige Teile meiner Berufung hinfällig werden. Sie kann sich ändern und verschieben. Meine Berufung beinhaltet also meist mehr
als die eine, aus Stein gemeißelte, unabänderliche Lebensaufgabe. Sie hat oft einen dynamischen, wandelbaren, aus meiner Sicht suchenden Charakter.
Meine Berufung
beinhaltet meinen einzigartigen Auftrag, den Gott für mich vorgesehen hat und den nur ich zu Gottes Plan mit dieser Welt beitragen kann. Sie umfasst das, was ich bin, und das, was ich tue, und
ist das, wozu Gott mich letztlich geschaffen hat. Meine Berufung ist nicht per se unbeschreiblich schön oder völlig unangenehm. Beide Vorstellungen gibt es. Je nachdem, wie ich geprägt bin, werde
ich zu der einen oder anderen Überzeugung tendieren. Berufung bedeutet aber einerseits nicht unbedingt, dass ich als toller Held eine herausfordernde Aufgabe von Gott bekomme, um die mich alle
beneiden. Sie bedeutet andererseits aber auch nicht zwangsweise, dass ich mich völlig aufgeben muss und irgendeine schreckliche Aufgabe von Gott aufgedrückt bekomme, die mir nicht liegt und
einige Unannehmlichkeiten mit sich bringt. Tatsache ist, dass Gott auch zu unscheinbaren Aufgaben beruft. Und er beruft auch zu Dingen, die mir sehr gelegen kommen und in denen ich voll aufgehen
kann.
Gott beruft uns zu etwas Besonderem und rüstet uns mit speziellen Begabungen dafür aus, doch er gibt uns vorher auch die Zeit, die wir brauchen, um in unsere Berufung hineinzuwachsen. Wie geschieht das? Indem wir zunächst einmal die große, universelle Berufung leben: Wenn wir im Kleinen treu sind und im Hier und Jetzt damit beginnen, HEUTE etwas zu tun. Das müssen keine großen Dinge sein, sondern können alltägliche, kleine Schritte der Nachfolge sein, indem wir uns beispielsweise immer wieder neu aktiv für Gottes Gebote und seine Vergebung entscheiden. Die spezielle, persönliche Berufung entfaltet sich auf dem Weg dieser Nachfolge und es ist das konkrete Einüben, das mich in meine große Berufung hineinführt. Eines dürfen wir außerdem ganz sicher wissen: Gott ist treu. „Er, der uns beruft, wird uns auch ans Ziel bringen.“ (1. Thessalonicher 5:24)
Ein paar Praktische Tipps
Okay, ich gebe es zu: Ich habe euch nun mal wieder viel Input, haufenweise Bibelzitate und theoretische theologische Grundlagen um die Ohren gehauen. Hier kommen deshalb ein paar kleine, praktische Tipps, wie dieses Training aussehen kann:
- Sei treu in den scheinbar kleinen Dingen: Nimm unliebsame Aufgaben – und sei es „nur“ im Haushalt - mit Freude an, um andere zu entlasten, schenke jemandem dein Ohr, der deinen Rat braucht, steh zu der Wahrheit, obwohl eine Notlüge vielleicht leichter wäre. Das klingt zugegebenermaßen alles leichter gesagt als getan, denn wie oft passiert es, dass wir schneller einen unüberlegten Kommentar von uns gegeben haben, als uns eigentlich lieb war? Wichtig ist es hier also, Gottes Wort und seinen Willen zu kennen und Zeit im Gebet zu verbringen, um sich täglich wieder neu „einzunorden“. Wenn wir wissen, was die Bibel zu unserem Alltagsgeschehen zu sagen hat, dann werden uns gerade in schwierigen Situationen diese Stellen wieder einfallen und wenn wir täglich um Gottes Geist und seine Führung bitten, dann wird er uns die Kraft geben, im kleinen treu zu sein und den Blick für unseren Mitmenschen zu weiten. Wenn wir dann etwas Konkretes bemerken, lohnt es sich, mutig zu sein, aufzustehen und etwas zu wagen.
- Sei also Schüler, lerne Jesus kennen und lerne es, ihm nachzufolgen.
- Unverzichtbar ist darüber hinaus die Gemeinschaft mit anderen Christen. Wenn wir Teil einer Gemeinde von anderen Gläubigen und Berufenen sind, dann werden wir automatisch auch von ihrem Wissen und ihren Erfahrungen mit Gott profitieren: Wir können uns von der Art und Weise, wie sie ihre Berufung leben, inspirieren lassen, uns austauschen, gemeinsam beten, Fragen stellen und vielleicht etwas begreifen, das uns selbst in unserem Leben mit Gott noch gar nicht klar geworden ist.
- Wir können und sollten außerdem offen für Kritik bleiben: Verrückte Ideen bezüglich unserer Berufung können uns von Gott aufs Herz gelegt werden, das steht völlig außer Frage. Sie können allerdings auch Produkt unserer menschlichen Sehnsüchte und Gedanken sein und in diesem Fall ist es immer wichtig, sich mit jemandem auszutauschen, der das Anliegen ebenfalls mit ins Gebet nehmen und gegebenenfalls aus der Außenperspektive noch einen anderen Standpunkt einnehmen kann.
- Prüfe deine Berufung anhand der Bibel. Wenn sie mit Gottes Wesen und seinen Geboten, vor allem aber auch der universellen Berufung übereinstimmt, dann ist das schon einmal ein wichtiger Hinweis dafür, dass auch die spezielle Berufung Teil seines Plans für dein Leben sein könnte. Und höre vor allem nicht auf, zu fragen!
Ich persönlich habe über drei Jahre lang über einer einzigen Frage nachgegrübelt...
...und am Ende schon gar nicht mehr mit einer konkreten Antwort gerechnet. Ich glaube ehrlich gesagt auch nicht, dass es für jeden Menschen nur einen einzigen richtigen Weg für sein Leben gibt. Nicht ohne Grund sind wir mit einem freien Willen ausgestattet worden und ich bin davon überzeugt, dass Gott viele Wege mitgeht, sofern wir ihn ganz aktiv in unsere Entscheidungen und unser Leben mit hineinnehmen und solange diese Entscheidungen nicht dem widersprechen, was er sich von uns wünscht. Solange wir mit Jesus unterwegs sind, sind wir immer auf dem richtigen Weg, denn er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben (Johannes 14, 6)! Da kann auch eine Straße, die sich auf den ersten Blick als Sackgasse herausstellt, im Nachhinein durchaus lehrreich und sinnvoll gewesen sein, - und Sackgassen, so sagte es der Pastor meiner Heimatgemeinde einmal, - sind schließlich immer noch nach oben hin offen!
Den einen, der schon weiß, was er gerne tun möchte, mag das vielleicht erleichtern. Mich, die ich mir verzweifelt irgendeine konkrete Antwort und eine feste Route in dem Wegelabyrinth auf der Karte unseres Lebens gewünscht hätte, stellte das lange ehrlich gesagt allerdings nicht zufrieden. Es gab einen Weg, den ich gerne gehen wollte, doch ich wusste, dass ich ihn aus eigener Kraft nicht schaffen würde. Warum konnte Gott nicht wie bei den alten Propheten einfach zu mir kommen und sagen: ,Hey, das ist mein Auftrag für dich. Und ja, es wird hart, aber ich werde bei dir sein.‘? Ich brauchte Gottes Unterstützung darin, mehr als ich irgendetwas anderes brauchte. Und vor allen Dingen sehnte ich mich nach einem „JA“, auf das ich in Dürreperioden und Durststrecken zurückblicken konnte. All diese Dinge brachte ich monate- und jahrelang im Gebet vor ihn: Herr, schenke mir ein Ja, denn nur mit dir gemeinsam kann und werde ich diesen Weg gehen. Oder schenke mir zumindest Frieden über der Entscheidung, die ich getroffen habe.
Lange kam keine genaue Antwort. In etwa genauso lange kam jedoch auch kein Frieden. Okay, dachte ich also, dann mache ich das hier jetzt eben ohne Frieden, Gott wird mich auch auf diesem Weg, als Lehrerin, gebrauchen können. Doch wo blieb mein Vertrauen? Waren all die Gründe nicht letzten Endes Sorgen, die ich hatte, weil ich die Rechnung ohne meinen Schöpfer machte? Waren all die „Vernunft-Argumente“ nicht eigentlich „Angst-Argumente“, denen ich Glauben schenkte, weil ich vergessen hatte, dass er mich viel besser kannte, als ich das selbst tat? Okay, das ist jetzt ein ziemlich mieser Teaser, ich weiß, aber mehr zu dieser Entscheidung werde ich später einmal schreiben, alles andere würde lediglich den Rahmen dieses ohnehin schon viel zu langen Artikels sprengen. An dieser Stelle sei nur gesagt, dass ich tatsächlich erleben durfte, dass Gott treu ist und mich mit meinen Fragen nicht allein ließ. Letzten Endes bekam ich das Ja, das ich so sehr brauchte und wenn ihr mich fragt, dann war es gut, dass es nicht sofort gekommen war. Ich hatte die Zeit gebraucht, um zu reifen, in einer anderen Stadt und an einem neuen Ort in Ruhe anzukommen und vor allem Klarheit über meinen Fokus und meine Motivation zu bekommen. Jeder Schritt, den ich ohne ein klares Ziel vor Augen dennoch ging, war ein Schritt, bei dem ich trotz allem erleben durfte, dass das Wasser wundersamerweise trug, dass Gott mich an der Hand hielt und dass es für mich eher dran war, zu lernen, jeden Tag für ihn in der universellen Berufung zu leben. Denn das konnte ich „tun“ (beziehungsweise „sein“), auch ohne ein endgültiges Ziel für mein Leben vor Augen zu haben. Jedes Argument dagegen („Das reicht doch nicht.“ Und „Ich vergeude meine Zeit.“ Und „Wenn ich nicht weiß, was ich später beruflich machen soll, dann ist mein Leben sinnlos.“) entsprang letztlich nur meinem eigenen Anspruch an mich selbst und keineswegs Gottes Idee, dem es schon genügte, dass ich einfach war.
„Das Herz des Menschen schmiedet Pläne, der Herr aber lenkt den Schritt.“, heißt es in Sprüche 16, 9 und das ist genau das, was Gott mich in den letzten anderthalb Jahren sehr aktiv lehrte.
Und damit komme ich jetzt auch schon zum letzten praktischen Tipp:
Hier also noch einmal zusammengefasst:
1. Der Dreh- und Angelpunkt meiner Berufung ist die rettende Beziehung zu Gott. Wenn wir seine Vergebung annehmen, sind wir berufen, einmal in Ewigkeit bei ihm zu sein und es gibt nichts, was uns noch aus seiner Hand reißen kann.
2. Doch Gottes Plan für uns bleibt nicht bei unserer Rettung stehen, er ist weder weltfremd, noch ziellos und abgehoben. Stattdessen hängt er mit der Sendung zu einer konkreten Aufgabe zusammen, in deren Rahmen ich mit dem, was ich sage und tue, an seinem Reich auf der Erde mitarbeite.
3. Folgende Fragen muss ich mir stellen:
Wer beruft mich? In welchem Auftrag tue ich etwas?
Wer bin ich, wenn ich etwas für Gott tue: Vertrauter Freund oder Arbeitskraft?
Und dann geht es natürlich noch um das konkrete Handeln: Was soll ich genau tun und welche Bereiche meines Lebens muss ich dafür zunächst klären, um meiner Berufung auf die Spur zu kommen?
4. Es kann auch helfen, einen Blick in die Bibel zu werfen und sich anzuschauen, wie Gott überhaupt zu Menschen spricht: Denn nicht immer ist es das Erdbeben, der brennende Dornenbusch oder der Feuersturm, der uns auf ihn hinweist, im Gegenteil.
5. Wissen wir einmal, zu was wir berufen sind, ist es auch wichtig, sich auf Gottes Plan einzulassen, selbst, wenn dieser manchmal vielleicht nicht mit den vorherrschenden gesellschaftlichen Werten zusammenpasst wie etwa Erfolg oder Wohlstand. Seine Berufung anzunehmen, - egal ob im großen oder völlig alltäglichen, kleinen Rahmen, - bedeutet, sich ihm mit dem eigenen Willen und den eigenen Wünschen zu unterstellen. Wir machen uns von ihm abhängig und geben unseren Drang zur Selbstverwirklichung auf. Klingt nicht wirklich zeitgemäß, ich weiß. Doch Gott ist nicht an Zeit gebunden und auch sein Plan steht über der Zeit. Bei all dem dürfen wir außerdem wissen, dass seine Berufung uns im Endeffekt eine viel größere Freiheit schenken wird, als wir mit unserem Streben nach Unabhängigkeit je gewinnen könnten. Wir haben es hier tatsächlich mit Freiheit in Abhängigkeit zu tun. (vgl. Joachim Bär in seinem Buch)
Kann ich meine Berufung Verpassen?
Ich habe mich lange gefragt, ob ich mein Calling, meine Berufung also, auch verpassen kann, wenn ich mich bewusst immer wieder dagegen entscheide, zuzuhören. Es gibt diese zwei Seiten der Medaille: Auf der einen Seite bin ich überzeugt davon, dass Gott uns unsere Berufung zeigt, wenn wir ihn ehrlichen Herzens danach fragen. Wir werden immer nur Stückwerk sehen und erst am Ende, wenn wir bei ihm sind, einen Blick auf den gesamten Teppich erhaschen, den er kunstvoll aus unseren Lebensfäden gewebt hat, doch er wird uns immer genau so viel offenbaren, dass es genügt, um im Vertrauen auf ihn vorangehen zu können.
Auf der anderen Seite glaube ich dennoch, dass Gott uns nicht braucht. Er will uns und er liebt uns mehr als alles andere, aber er ist nicht auf unsere Leistungen angewiesen. Manchmal gibt es Momente, in denen wir durchaus sehr genau wissen, was er uns sagen möchte. Und diese Berufung ist gewissermaßen auch ein Geschenk an uns: Er will uns in seinen Plan mit einbeziehen, möchte uns teilhaben lassen und gemeinsam mit uns das vollenden, was er schon seit Beginn der Zeit geplant hatte. Wir sollen nicht Zuschauer, sondern Teil davon sein, - so wie es sich für eine tiefe Beziehung gehört. Wenn wir jedoch lange genug sagen, dass wir nicht mitmachen möchten, dann wird er uns auch nicht dazu zwingen. Vielleicht wird er ab und an noch an unsere Tür klopfen und uns die Chance dazu geben, uns für den Weg zu entscheiden, den er uns vorschlägt, aber er wird uns niemals zwingen. Und womöglich ist irgendwann auch der Punkt erreicht, an dem er nicht mehr nachfragt und jemand anderen mit der Aufgabe betraut. Das heißt nicht, dass wir dann bedeutungs- und nutzlos für ihn sind, im Gegenteil. In seiner Gnade kann er selbst aus diesen Fehltritten wieder etwas Gutes machen. Doch trotzdem ist es wunderschön, aus seiner Berufung heraus zu leben und in der Abhängigkeit von ihm Freiheit und Erfüllung zu finden. Ich wiederhole es an dieser Stelle also noch einmal:
„Wenn ihr heute seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.“
Und auch diesen Vers möchte ich euch auf den Weg geben, denn er erinnert mich immer wieder daran, dass ich allein aus eigener Kraft nichts leisten kann, das Ewigkeitswert hat, - das ich das aber auch nicht muss:
"Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“ (Johannes 15,5)
Und noch etwas fällt mir ein: Genauso wenig, wie unsere Berufung von unseren Leistungen abhängt, ist sie darauf begrenzt:
„Denn Gott kann unendlich viel mehr an uns tun, als wir jemals von ihm erbitten oder uns ausdenken können. So mächtig ist die Kraft, mit der er an uns wirkt.“ (Epheser 3,20)
All das waren lediglich kleine Aspekte eines großen, vielschichtigen und niemals generalisierbaren Themas, doch ich hoffe, dass vielleicht ein oder zwei Gedanken dabei waren, die euch an genau dem Punkt, an dem ihr momentan steht, weitergeholfen haben. Und wenn ihr weitere Fragen, Kritikpunkte oder Anregungen habt, dann schreibt mir gern einfach über das Kontaktformular! :D